Er kann jetzt sagen, was auszusprechen in Funktion nicht möglich ist: Entweder es gibt tausend Argumente mit der Last an der Spitze, warum für Lernen sowieso keine Zeit ist. Oder es wird das Gefühl genährt, wohl eh schon alles – oder zumindest genug – zu wissen. Den Terminus „Weiterbildung“, so bestätigen die Experten in der Diskussion des Hernstein Management Institut, sollte man tunlichst auch nicht verwenden, um bei Führungskräften Lust auf Lernen zu wecken. Das sollte dann eher „Think-Tank“ oder „Kollegiale Fallberatung“ heißen. Hierarchiegefälle in solchen Lerngruppen erweisen sich auch als kontraproduktiv: Der Chef will sich ja keinesfalls vor dem Mitarbeiter entblößen. Der eigene Wunsch zu lernen, so die Erfahrung von Lern-Anbietern und Personalverantwortlichen, entstehe bei Führungskräften aus Angst und Druck (das Falsche zu tun oder die falsche Entscheidung zu treffen).Kein ermutigender Befund, vor allem angesichts der geforderten Kompetenzen: Bei Top-Führungskräften geht es ja hauptsächlich um die Erweiterung der sozialen, der interkulturellen Fähigkeiten. Es geht kaum jemals um fachliche Basics, sondern um das Führungsvermögen, um das Üben der Fähigkeit zur Reflexion. Davon hängt letztlich die Attraktivität als Arbeitgeber ab – denn es ist ja nicht die leere Marke an sich attraktiv, sondern die Menschen, die Vorbilder in ihr. Davon wird abhängen, welches Unternehmen sich die so gesuchten jungen, gut ausgebildeten Talente aussucht. Das betrifft Konzerne als auch mittelständische Unternehmen: Die Strahlkraft und die emotionale und soziale Kompetenz der Führungskräfte machen den Unterschied. Wenn Lernen eine Seminarverordnung für die Belegschaft bleibt, dann wird sich die vielzitierte lernende Organisation nicht verwirklichen lassen. (Karin Bauer, Der Standard, Printausgabe 10./11.11.2007)