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Theatererlebnis der neueren Art: Mit einem Headmounted-Display in die Szenerie versetzt.

Foto: AP Photo/Gene Blythe
Wie können gewohnte Kunstsparten mit neuen Technologien kooperieren? Dieser dringenden Forschungsfrage geht Lucia Glaser anhand von Theater und Augmented Reality im Zuge ihrer Diplomarbeit am Wiener Institut für Theater- Film- und Medienwissenschaft nach.

Pimp up the scene!

Wem schon seit längerem aufgefallen ist, dass Theater nicht mehr im "herkömmlichen" Sinn auf den Spielstätten der so genannten westlichen Welt zu sehen ist, sondern immer mehr technisches Equipment rund um Bühne und Zuschauerraum auszumachen ist, wird mit Lucia Glasers Diplomarbeit "Theater und digitale Technologien. Am Beispiel Augmented Reality" bedient werden. Bei der Suche nach der Verbindung von Theater und dem neu entwickelten AR-Medium DART ("The Designers Augmented Reality Toolkit") geht es um viel mehr als um die Computerisierung des Bühnenbilds. Dahinter verbirgt sich der Wunsch nach Beeinflussung und Veränderung der vorhandenen Realität (Augmented Reality kann mit "erweiterte Realität" übersetzt werden), und auch die aktive Beteiligung des Publikums ist damit gemeint.

Theater in seiner natürlichsten Form

Von welchem Theaterbegriff Glaser dabei ausgeht bzw. was Theater im ursprünglichen Sinn bedeutet, wird den LeserInnen in Erinnerung gerufen. So soll es dabei doch um einen Raum im Hier und Jetzt gehen, um die Kommunikation von AkteurIn und RezipientIn sowie um das Geschehen in Form von Worten, Gesten, Bewegungen und Geräuschen. Einer der elementarsten Bedingungen des Theaters, dass nämlich eine Vorstellung einzigartig und unwiederholbar ist – wird zum notwendigen aufzuzeigenden Kriterium. Sobald DART ins Spiel gebracht wird, gerät diese Prämisse ins Wanken, denn vorbereitetes, digitalisiertes Material trifft auf das Geschehen im Augenblick.

DART, was?

Selbst wenn man sich in der jungen Theaterszene umhört, bekommt man keine Antwort darauf, worum es sich bei DART handeln könnte. Was also steckt hinter diesem Begriff? Zum Kern der Thematik vorzudringen und es dem Unwissenden zu erklären, ist auch für Glaser kein leichtes Unterfangen, da es zuerst einmal gilt, Begriffe wie Medium, Remediation und Hypermediacy zu definieren. Erst nachdem klar ist, dass Theater nicht nur ein Medium, sondern ein Hypermedium ist, das Raum für alle Medien, wie verschiedene Kunstformen, Verständigungsarten oder Technologien bereitstellt, ist man gerüstet zu verstehen, wie sich DART dazureihen kann. Zum Beispiel gibt es da das Projekt TAM ("Three Angry Men: An Augmented-Reality Experiment in Point-of-View Drama"), bei dem BenutzerInnen (ZuschauerInnen) ein so genanntes Headmounted-Display aufsetzen (eine Art Bildschirmbrille) und eine Augmented Reality erleben, also jene bereits erwähnte erweiterte Realität. Die BenutzerInnen treten in einen Raum - in eine Szenerie – und das Drama beginnt: Sie erleben, wie sich virtuelle Charaktere zu ihnen gesellen und können zum Ablauf der Handlung beitragen; sie sind ein Teil davon. Konkret geht es bei TAM um eine "Nachstellung" der Zwölf Geschworenen; hinter den virtuellen Charaktere stecken SchauspielerInnen, deren Rollen verschieden angelegt wurden und in mehreren Versionen abgespielt werden.

Unter dem Aspekt der Remediation kann dieses Zusammenspiel von Theater und Technologie (DART) gesehen werden. Diese tritt ein, wenn die physische Umgebung, insbesondere der Raum, durch virtuelle Elemente angereichert wird und es somit zu einer Beeinflussung von und einem Neugestalten und Integrieren in bewährte Gestaltungsformen kommt.

Augmented Reality, DART, wozu?

DART ist zwar für eine einfache Handhabung zum Beispiel für Künstlerlnnen kreiert worden, aber wenn man sich so vorstellt, wie wenig überdauernd Theateraufführungen mit "Mitspielcharakter" sind, stellt sich die Frage nach der Beständigkeit dieser Technologie.

Daher geht Glaser im letzten Teil ihrer Arbeit auch der Frage nach, welche Wirkung DART - AR-Medien im Allgemeinen - auf das Theater bzw. welche Wirkung sie auf das Publikum haben. Was passiert also, wenn das einfache Theatermodell mit technischen Features "gepimpt" wird? Welchen Nutzen zieht das Theater daraus? Auf der einen Seite kann Theater als Plattform dienen, auf der es möglich ist, neue Technologien auszuprobieren. Auf der anderen Seite werden Schranken geöffnet, wie etwa das Durchbrechen der Rampe zwischen SchauspielerInnen und Publikum. (Zur Abschaffung der Rampe wurde ja schon öfters aufgerufen, und Versuche diese zu beseitigen, wurden auch schon viele unternommen.) Vielmehr aber kann Theater in der oben erwähnten Form ohne jegliche technische Hilfsmittel existieren, wie gerade durch die Darstellung einer möglichen Aufrüstung klar geworden ist. So lautet die Eingangs gestellte Frage vielleicht nach der Lektüre dieser Arbeit etwas anders: Theater und neue Technologien können mit einander kooperieren, aber müssen sie das auch?

Die Arbeit "Theater und digitale Technologien - am Beispiel Augmented Reality" (Lucia Glaser, 2007) ist im Volltext nachzulesen.