Lawinen-Experte Rudi Mair

Foto: Lawinenwarndienst Tirol
STANDARD: Warum ist die Wetterlage jetzt besonders kritisch?

Mair: Die großen Neuschneemengen auf schneefreiem Untergrund, kombiniert mit stürmischen Winden. Und der Schnee kommt in Etappen. Das macht die Schneedecke bei den wechselnden Temperaturen sehr labil. Die erste Schicht kühlt ab und kann zur glatten Fläche werden für den nächsten Neuschnee. Deshalb die große Lawinengefahr. Man sollte die Lage jetzt nicht unterschätzen.

STANDARD: Sind Siedlungen gefährdet?

Mair: Anfang der Woche hat es nach einer Katastrophensituation ausgesehen. Ich rechne aber nicht mehr mit Evakuierungen. Zum Glück hat die Skisaison noch nicht wirklich begonnen. Auf den Gletschern raten wir vom Skifahren außerhalb der Pisten dringend ab. Wir haben früh flächendeckend informiert, die Fachleute und Einsatzkräfte sind vorbereitet.

STANDARD: Woher beziehen Sie Ihre Daten?

Mair: Wir haben in Tirol das weltweit dichteste Netz an automatisierten Messstationen. 70 Stück, so viele wie in der ganzen Schweiz. Das System gibt es jetzt in allen Bundesländern. Uns liegen jeden Tag um halb sechs Uhr früh die Daten aller Stationen zu Schneehöhe, Luft- und Schneetemperatur, Feuchtigkeit, Windstärke, Windrichtung vor. Die Grafiken werden stündlich aktualisiert. Sind frei auf der Homepage verfügbar. Nach einem Jour fixe mit den Meteorologen erstellen wir den Lagebericht. Wir haben ein Netz an Informanten: Hüttenwirte, Bergführer. Und sind selbst fast jeden Tag im Gelände. Relativ viel mit dem Hubschrauber: Da gewinnt man den besten Überblick über Lawinen und ihre Entstehung. (Benedikt Sauer, DER STANDARD Printausgabe, 10./11.11.2007)