Bejubelter Festabend
Der bewegte Festakt (dem man die vorangegangenen zwei Spielstunden getrost angliedern kann), der von einem emotionalisierten Publikum konsequent mit stehenden Ovationen bedacht wurde, zeigte Muliar als den Schauspieler, als der er über die Jahrzehnte hinweg von den Theatergenerationen beständig verehrt wird. Als solcher genießt er diese Verehrung schon längst als Vorausgabe. Der erste Applausorkan setzt gleich nach Heben des Vorhangs ein: Lichtstrahlen kleben einen Eiffelturm an die weißen Wände, von irgendwoher singt Chevalier sein Paris je t'aime d'amour. Von Elfriede Ott gestützt, humpelt der "Mann ohne Namen, alt" in das schräge Eckzimmer (Bühne und Kostüme: Achim Römer), nimmt grummelnd in einem Sessel am Bühnenrand Platz und schiebt seinen runden Greisenbauch wohlig vor.
In der Wohnung von Marion Liebherr (Ott), die den zunächst Unbekannten mit dem Auto angefahren hat, türmen sich die Zeitungsstapel, auf ihnen flackern unzählige Grab- und Kronleuchterkerzen (Licht: Franz Henmüller). Sie hätte eben ihren Mann beerdigt, sagt die liebenswürdig verwirrte Dame, bei der der alte Mann, anstelle Schmerzensgeld einzufordern, ein paar Tage in Gesellschaft bleiben will. Ein Gläschen Cognac nimmt er, gerne auch eine Zigarette, die er aber nicht rauchen wird. Einen Namen (Georg Altmann) hat er auf die Hand geschrieben, dass es nicht sein richtiger ist, wird später der angebliche Neffe (guter Kontrapunkt: Michael Dangl) aufdecken. Dass der Herr in Wahrheit nämlich einem Pflegeheim entflohen ist und keineswegs der sei, für den er sich ausgebe.
Mitterer schreibt in Der Panther, in Anlehnung an eben dieses Paris-Gedicht Rilkes, die eigenbrötlerische Annäherung zweier alter Menschen - gebrochen immer wieder von demenzgetrübten Einschüben, die die Erinnerung der beiden an ihr (gemeinsames?) Leben in Fetzen reißen. Immer wieder beginnen die Auftritte mit der variierenden Szene des von der Straße die Wohnung betretenden Paares, immer wieder wird ein Glas Cognac auf den Schock getrunken. Dass die Zeit inzwischen sehr wohl linear vergeht, markieren die regelmäßigen, immer wütenderen Besuche des störenden Neffen Heinz, der seine "Tante" hat entmündigen lassen und nun ihr Geld sucht, um weiter Börsenspekulationen treiben zu können.
Tante hat sich aber, ohne darüber nachzudenken, abgesichert: Das Vermögen liegt in bar zwischen den vielen Zeitungen, die sie noch nicht gelesen hat (es seien schon mehrere Trickbetrüger im Haus gewesen). Viele Themen (Untreue, "Abschiebung" ins Heim, Entfremdung über die Jahre, der gemeinsame Sohn ...) blinken so in kurzen Erinnerungsfetzen auf, werden aber rasch wieder liegengelassen.