Wien - Die aus Belgrad stammende junge Pianistin Anika Vavic ist in Wien keine Unbekannte mehr. Schon vor drei Jahren wurde sie von Musikverein und Konzerthaus einmütig zum "rising star" erklärt, als der sie mittlerweile an zahlreichen ersten Adressen von der New Yorker Carnegie Hall über das Concertgebouw Amsterdam bis zur Pariser Cité de la Musique erfolgreich gastiert hat.

So ist es ganz gewiss nicht nur der reichlich erschienenen getreuen serbischen Landsmannschaft zuzuschreiben, dass bei ihrem Soloabend, den sie am Donnerstag in der Gesellschaft der Musikfreunde gab, der Brahmssaal bis auf den letzten Stuhl besetzt war.

Mit dem Programm hat es sich der Jungstar auch keineswegs leicht gemacht. Vor allem die Sonate von Joseph Haydn (As-Dur, Hob. XVI/46) heute auf einem Steinway, und mag dieser noch so perfekt sein, zu spielen, erfordert Courage und eine große Portion an stilistischer Delikatesse.

Denn wenn auch nur unbewusst haben die diversen Klänge der für die Wiedergabe von Musik dieses Entstehungsdatums (1765) schon seit längerem verwendeten Cembali oder frühen Hammerklaviere ja doch eine Hörtradition geschaffen, gegen die anzukämpfen schwierig ist. Obwohl Anika Vavic schon vor sechs Jahren mit einem Preis für die beste Haydn-Interpretation ausgezeichnet wurde, konnte sie das Dilemma, in das sie der Klang eines modernen Flügels und der historische Auftrag brachten, nicht ganz vergessen machen.

Die manchmal etwas impulsive Willkür, mit der sie das Pedal einsetzte, führten zu einer - wenn auch mäßigen - Vernebelung polyfoner Passagen. Und wenn schon vom Pedal die Rede ist: Dieses ist so loszulassen, dass die zuletzt angeschlagene Saite nicht störend zu klirren beginnt.

Souveräne Gestaltung

Doch nach Ludwig van Beethovens Sonate in D-Dur (op. 10/3) bewies sich Anika Vavic vor allem an Sergej Prokofjews 8. Klaviersonate (B-Dur, op. 84) als souveräne Gestalterin, die auch Inhalte zu vermitteln weiß, die nicht sonderlich effektgeladen wirken.

So bedürfen die ersten beiden Sätze in ihrer weit gespannten Lyrik beachtlicher Eindringlichkeit, um zu voller Wirkung zu gelangen. Wie sie diesen in ihrer Diskretion durchaus verwandten Abschnitten zu inhaltlicher Eigenständigkeit verhalf, verriet eine außerordentliche Identifikationskraft mit dem Werk.

Klar, dass dessen virtuoses Finale das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. (Peter Vujica, DER STANDARD/Printausgabe, 10.11.2007)