Hannover - Im Prozess gegen den in der Türkei inhaftierten deutschen Schüler Marco ist der Antrag des Vorsitzenden Richters auf seine Entbindung von dem Verfahren abgelehnt worden. "Wir wollen das nicht kommentieren, bevor nicht die schriftliche Begründung vorliegt", sagte der Anwalt des 17-Jährigen, Matthias Waldraff. Dies soll am Montag der Fall sein. Der Prozess könnte nun am 20. November mit unveränderter Besetzung der Kammer in Antalya weitergehen.

Allerdings könnte sich bis dahin auch die gesamte Strafkammer für befangen erklärt haben. Einen entsprechenden Antrag hatten Marcos Verteidiger gestellt.

Gerichtshof in Straßburg soll angerufen werden

Der 17-Jährige aus dem niedersächsischen Uelzen ist angeklagt, in den Osterferien eine 13-jährige Britin sexuell missbraucht zu haben. Er bestreitet die Vorwürfe. Weil er dennoch seit April in Untersuchungshaft sitzt, haben seine Anwälte für die kommende Woche Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angekündigt.

Bisher hatte sich das Gericht in Antalya immer wieder vertagt - auch weil die offizielle Aussage des in England vernommenen Mädchens nicht vorlag. Diese könnte Gegenstand des nächsten Verhandlungstages sein.

Marcos zweiter Anwalt, Michael Nagel, hatte am Freitag noch vor dem Bekanntwerden der Ablehnung des Entbindungsgesuchs von einem "Riesenschritt für einen türkischen Richter" gesprochen und Abdullah Yildiz Respekt für diesen Schritt gezollt. Es sah aus, als sei Bewegung in den festgefahrenen Fall gekommen. Erklärt sich nun nicht die gesamte Strafkammer für befangen, will die Verteidigung Beschwerde einlegen. Dann müsste wiederum das übergeordnete Gericht über den Befangenheitsantrag entscheiden. (APA/dpa)