Über neue Sanktionen sind sich die Verbündeten einig – doch was dann kommt, ist völlig offen.

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Als lockeres Gespräch unter Freunden hat George W. Bush es angekündigt, das Wochenende mit Angela Merkel. Entspannung auf der Ranch, Jeans statt feinen Zwirns, Pickup statt Staatslimousine, Hamburger statt Edelkost. Der US-Präsident fuhr die ganze Texas-Symbolik auf, das Privatprogramm, das er Gästen vorbehält, die er schätzt, die er braucht. Wie er den Morgenspaziergang mit der Dame aus Germany beschrieb, das klang fast nach Natur-Romantik: „Die Sonne ging auf, die Vögel begannen zu zwitschern“.

Vor der Presse tat Bush der deutschen Kanzlerin den Gefallen, seine martialische Iran-Rhetorik der vergangenen Wochen gegen leisere Töne einzutauschen. Hatte er neulich die Gefahr eines Dritten Weltkriegs beschworen, so beschwor er nun „unseren tiefen Wunsch“, den Streit um die iranischen Nuklearpläne friedlich zu lösen. Nickend hörte er zu, als Merkel von den bei weitem nicht ausgeschöpften diplomatischen Möglichkeiten sprach und davon, wie wichtig eine Resolution des UN-Sicherheitsrats sei. Sie meint es als verklausulierte Warnung vor Alleingängen à la Irak, davor, Russland und China als Verbündete in der Iranfrage ziehen zu lassen.

Bush sucht händeringend Verbündete. Er kann sich die selbstherrliche Pose des Irak-Krieges, dieses rabiate „Dann eben ohne euch“, gar nicht mehr leisten, auch, weil es ihm zwei Drittel der Amerikaner im Nachhinein übel nehmen. Der eine, auf den er sich stützt, ist Nicolas Sarkozy, der Franzose, der fast träumerisch von Elvis Presley und Hollywood schwärmt. Die andere ist Angela Merkel, die nüchterne Pfarrerstochter. Ausgerechnet Paris und Berlin, das alte Europa der Irak-Kontroverse.

Nur: Crawford war eine Momentaufnahme, nicht mehr. Offen ist, ob sich die Wege von Amerikanern und Europäern später nicht doch noch trennen. Im Augenblick fahren beide auf demselben Gleis. Washington strebt nach härteren Sanktionen gegen den Iran, will Wirtschaftsbeziehungen und Geldströme reduzieren – was übrigens schwer genug ist bei einer Ölmacht im Ölpreishoch. Deutsche und Franzosen und wohl sicher auch die Briten – weniger hofiert, aber mit starken transatlantischen Reflexen – dürften mitziehen. Verschärfte Strafmaßnahmen könnten dann in Kraft treten, wenn Teheran in den Verhandlungen mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO bis 15. Dezember kein Einlenken signalisiert. Die Frage ist, was danach passiert. Und ob härtere Sanktionen nicht letztlich den Weg zu Luftschlägen bahnen.

Lange galt es als nahezu ausgeschlossen, dass Bush einen neuen Waffengang in Nahost auch nur erwägt. Zu sehr im Irak gefesselt ist seine Armee, zu ernüchtert sind seine Landsleute. Aber Dick Cheney, der immer noch mächtige Vizepräsident, der Hardliner der Administration, trommelt kräftig für die militärische Option. Es gibt keine Garantien dafür, dass er sich nicht durchsetzen kann. Es gibt keine Garantien, dass die USA und die Europäer nicht doch bald wieder an einer Wegscheide stehen. Lässt man die Streicheleinheiten von Crawford beiseite, dann kann Mister President die deutsche Kanzlerin noch in eine extrem schwierige Lage bringen. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2007)