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Grafik: Archiv
In der Internet-Community wurde schon länger darüber gemunkelt, jetzt ist es offiziell: Die Wiener Internet-Agentur Knallgrau hat den Prestige-Auftrag zur Mitgestaltung der neuen Internet-Plattform der deutschen WAZ-Gruppe an Land gezogen, nach eigenen Angaben Deutschlands größtem Zeitungshaus und Miteigentümerin von "Kronen Zeitung" und "Kurier". Angebot Unter "http://derwesten.de" bietet die WAZ Nachrichten aus 140 Städten des Ruhrgebiets, Rheinlands, Niederrheins, Sauerlands und Siegerlands, dazu aus Deutschland und der restlichen Welt. Knallgrau habe die Internet-Seite mitkonzipiert und Kommentar-, Blog- und Communitybereiche - kurz eine Reihe von Web 2.0 Elementen, dem Mitmach-Internet - sowie Videos und Bilderstrecken eingebaut, bestätigte Gründer und Firmenchef Dieter Rappold einige Tage nach dem Start von "Der Westen" im Gespräch mit der APA. Die WAZ wollte mit ihrer neuen Internetseite einen neuen Maßstab für Regionalzeitungen im Internet setzen und ihre fünf Regionalzeitungen im Ruhrpott zusammenfassen. Für jede der 140 Städte - einige davon mit nicht mehr als 30.000 Einwohnern - hat die WAZ jetzt ein eigenes News-Portal. Steht auf der Startseite von "Der Westen" noch das Weltgeschehen obenauf, ist es auf der Subseite für Unna, ein Ort mit knapp 70.000 Bewohnern, die Topstory "Unnas Straßen-Namen verlieren ihre Anonymität". Zugang Außerdem hat Knallgrau auch einen neuen geographischen Zugang zu den Nachrichten entwickelt. Sämtliche Nachrichten auf dem Portal können "geogetagt", quasi "verortet", werden. Das heißt, Redakteur oder Leser können auf einer kleinen Landkarte einzeichnen, wo das Ereignis, über das berichtet wurde, stattgefunden hat. In einer großen Übersichtslandkarte kann man dann nachsehen, was um einen herum zuletzt passiert ist oder etwa welche Konzerte oder Veranstaltungen am Abend in der Umgebung stattfinden. "Man kommt ins Ennstal und sucht, was es im Ennstal Neues gibt. Was brauch ich Ressorts, mich interessiert, was rund um mich passiert", erklärt Knallgrau-Chef Rappold das Konzept an einem Österreichbeispiel. Nach zehn Tagen haben sich auf "Der Westen" bereits knapp 5.000 Benutzer angemeldet und 117 Vereine. "Die ersten Community-Zahlen übertreffen unsere Prognosen und sind sehr vielversprechend", erklärte Rappold. Kein Kommentar Zum Volumen des Auftrages wollte er sich nicht äußern - nur so viel: In den vergangenen zehn Jahren habe es "in Österreich keinen vergleichbaren Online-Auftrag in dieser Größenordnung gegeben". Knallgrau war als erster Partner der WAZ dabei, acht weitere haben die Entwicklung begleitet. Ob Knallgrau das Konzept nun auch bei "Krone" oder "Kurier" umsetzen werde - Rappold: "Kein Kommentar." Die 1997 gegründete Knallgrau, die mit Twoday die erste und größte deutschsprachige Blogger-Plattform betreibt, beschäftigt mittlerweile 28 Mitarbeiter. Zur WAZ-Mediengruppe, eine der führenden und bedeutendsten Verlagsunternehmen in Deutschland, gehören u.a. Tageszeitungen in NRW, Thüringen, Niedersachsen und Bayern. Die Mediengruppe erwirtschaftet einen Gesamtumsatz von etwa 2 Mrd. Euro und kommt derzeit auf rund 16.000 Mitarbeiter. Versuche Für die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" ist "Der Westen" nicht der erste Versuch von Deutschlands mächtigstem Regionalzeitungsverlag, sich online adäquat zu präsentieren. Bisher jedoch waren die Versuche eher erfolglos und halbherzig gewesen. "In Nordrhein-Westfalen kennt jeder die 'WAZ' und ihre Zeitungstitel. Im Internet kennt sie niemand", sagte die frühere Bloggerin und jetzige WAZ-Online-Chefredakteurin Katharina Borchert. Für den neuen Anlauf hat sie jetzt 800 WAZ-Redakteure geschult. Jede der 97 Lokalredaktionen soll im neuen Konzept pro Tag fünf Artikel beisteuern, erklärte die Tochter des ehemaligen Landwirtschaftsministers Jochen Borchert (CDU). Die ersten Reaktionen der Konkurrenz waren teilweise euphorisch. Der "Spiegel Online" spricht von "einer eierlegenden Wollmilchsau, einem Projekt ohne Konkurrenz". "Das Projekt pflügt einen Zeitungsverlag um, dessen Produkten man die fast sechzig Jahre lange Tradition anroch. Was die "WAZ" sich mit 'Der Westen' leistet, ist Lokalzeitung und Regionalportal, ist Nachrichten- und Community-Seite mit lokaler Verwurzelung in einem. Viel tiefer kann man sich online in einer Region kaum verwurzeln", hieß es im Spiegel-Bericht. Stinknormal "Das sieht auf den ersten Blick aus wie stinknormales Internet, wie eine aufgeräumte Version von Spiegel Online", kommentierte dagegen die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Geo-Taging sei "ein schönes Spielzeug, das seine Nützlichkeit noch beweisen muss", und auch der Gedanke, dass "Der Westen" Plattform für neue Nutzergemeinschaften werden soll, müsse erst noch mit Leben gefüllt werden. (APA)