Rund ein Jahr lang war das Video "Jokela-Posse:
Jokela rap" auf
YouTube
sowie auf einigen finnischen Musik- und
Humor-Portalen ein Geheimtipp. Bis zum vergangenen Mittwoch, als ein
18-jährige Amokläufer der giftigen Parodie auf die
Möchtegern-Jugendszene der finnischen Provinz mit ihren engstirnigen
und alltagsrassistischen Attitüden einen blutigen Strich durch die
Rechnung machte.
Posse
Bis zum 7.11. verzeichnete das Jokela-Posse-Video 5.000 Zugriffe
auf YouTube. Am Abend des selben Tages waren es über 50.000, erzählt
Robert Seitovirta, eines der Mitglieder jenes Kollektivs aus Musikern
um die 20 Jahre, das Rap und Video der fiktiven "Posse" aus
zwölfjährigen Möchtegern-Hiphoppern produziert hat. Das Problem war,
dass die YouTube-Suchmaschine allen, die das ominöse Tätervideo zu
dem Amoklauf abrufen wollten, auch gleich den Parodie-Song zum
Anschauen vorschlug. "Viele haben nicht verstanden, dass es schon ein
Jahr lang online war", so Seitovirta.
Auf den explosionsartig angewachsenen Kommentarseiten zu dem Video
erschien plötzlich Investigatives und Bedrohliches. "Die ersten
Kommentare waren auf Finnisch, da fragten Leute zum Beispiel danach,
wer wir überhaupt seien. Später kamen sie aus aller Welt. Einer
lautete: 'In Australien nennen wir solche wie euch Wixer und würden
euch auf der Stelle erschießen'." Nach zweitägigen Beratungen mit
Freunden und Eltern entschlossen sich die Musiker, deren volle
bürgerliche Namen im Abspann zu sehen waren, Video und Audio-Datei
aus dem Internet zu entfernen.
Nachfolge
Bis vor kurzem war sogar ein zweiter Teil zu der Parodie geplant,
aus der jetzt wohl nichts mehr wird. "Am Anfang war das Video ein
großer Hit. Sogar Leute aus Lappland haben uns gratuliert und gesagt,
dass sie es lustig fänden, sagt Seitovirta, der den "Jokela Rap" als
allgemeine Parodie auf die merkwürdige Anti-Kultur der finnischen
Provinz verstanden wissen will.
"Die Idee zu dem Text ist bei einem Gig unserer Band im
Jugendzentrum von Jokela um Weihnachten 2005 entstanden". Wir hatten
schon vorher gehört, dass die Gegend ein bisschen komisch ist. Als
wir dort ankamen, sahen wir 13-Jährige an der Tankstelle rumlungern
und sich betrinken. Die Stimmung war sehr asozial, es war zum
Beispiel schwer, in die Kneipen hineinzukommen, weil wir nicht von
dort waren. Bei dem Konzert spielten zuerst zwei Metaller-Bands aus
der Gegend, da war die Bude voll. Als dann wir auf die Bühne kamen,
war von denen keiner mehr da." (APA)