"War es jemand aus der SPÖ?", fragt Föderl-Schmid. "Nein." "Von den Grünen?" "Nein." Von der ÖVP?" Schließlich hat es damals in Brüssel wie Wien Gerüchte gegeben, der damalige Bundespräsident Thomas Klestil selbst habe die Sanktionen angemahnt. Fischer grinst und wiederholt: "Ich kann mich nicht mehr erinnern."
Er wird diese Geschichte nicht los, schon gar nicht in Wien, wo viele Leute immer noch das deutsche Kanzleramt als Wiege des Bannstrahls sehen. Doch wie schon in seinen Memoiren bekennt Fischer auch in Wien: "Der Fehler war damals, die Dinge zu verkomplizieren." Der Eintritt der FPÖ in die Regierung habe auch ihn selbst in ein politisches Dilemma gebracht: "Ich war der Meinung, man kann formal nichts beschließen, weil das das Gegenteil bewirkt in Österreich, aber umgekehrt konnte man auch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen." Es sei ja nicht möglich gewesen, "eine Partei am Rande des Rechtsradikalismus" salonfähig zu machen.
In Frankreich, erinnert Fischer, sei auch Präsident Jacques Chirac von seinen eigenen Leuten bedrängt worden, mit dem Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen zu paktieren, um die Sozialisten loszuwerden. Ähnliche Tendenzen habe es in Belgien gegeben. Fischer: "Die EU-Sanktionen waren keine Verschwörung der Linken. Es ging darum, die EU zusammenzuhalten und einen Dammbruch zu verhindern. Die portugiesische Präsidentschaft stand damals unter großem Druck." Doch Fischer räumt auch ein, dass er sich in der Frage, wie denn nun mit dem kleinen Österreich umzugehen sei, nicht habe durchsetzen können. "Lasst uns Österreich die kalte Schulter zeigen - ohne es formal zu machen", lautete sein Rat. Das hätte bedeutet: Botschafter werden nicht von Ministern empfangen, man fährt nicht nach Wien. Doch die EU-Staaten entschieden anders, und es wurden offiziell Sanktionen eingeleitet. Fischer ist überzeugt: "Ohne dieses Informelle hätte es in der Bevölkerung keinen Solidarisierungseffekt mit der Regierung gegeben."
Wenn Fischer heute auf das Verhältnis der Österreicher zur EU blickt, dann sieht er da "einen Widerspruch". In den früheren k.u.k. Gebieten profitiere das Land wirtschaftlich enorm von der Erweiterung. Andererseits aber herrsche eine große EU-Skepsis in der Bevölkerung. "Da mangelt es an Leidenschaft und Führung. Und das muss wirklich von ganz oben kommen, also vom Bundeskanzler", kritisiert der ehemalige deutsche Außenminister.
Grüner Feuerlöscher
Apropos Bundeskanzler. Gerhard Schröder und Fischer - dieses Verhältnis war nicht immer einfach, zumal Schröder schon zu Beginn der rot-grünen Jahre klarmachte, dass er selbst "der Koch" sei, Fischer aber nur "der Kellner". Tatsächlich, feixt Fischer, sei es dann aber so gewesen: "Wir mussten öfter mit dem Feuerlöscher in die Küche" - etwa, als Schröder praktisch im Alleingang den Nationalfeiertag abschaffen wollte.