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Ein Ende der US-Hypothekenkrise ist nicht in Sicht. Laut Analysten und Händlern kann das Ausmaß der uneinbringlichen Forderungen derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

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Analysten warnen jedoch davor, noch sei nicht klar, wie lange die Finanzkrise noch anhält.

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Wien - Die Sorgen am US-Hypothekenmarkt und die dadurch ausgelöste Finanzkrise haben an den internationalen Aktienmärkten in den vergangenen Tagen eine weitere Verkaufswelle ausgelöst. Die Nachrichten über Banken, die uneinbringliche Forderungen in Milliardenhöhe aus ihrem Engagement am US-Hypothekenmarkt abschreiben müssen, reißen nicht ab. Hinzu kommt, dass es neben den Rücktritten von Vorstandsvorsitzenden großer US-Investmentbanken (Citigroup und Merrill Lynch) auch gerichtliche Nachspiele geben könnte.

Aktionäre der Citigroup klagen die fünftgrößte US-Bank, da sie dem Institut vorwerfen, die Angaben zu den Geschäftszahlen seien nicht richtig gewesen. Die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt bei der Investmentbank Merrill Lynch. Die Folgen der US-Hypothekenkrise können im Moment kaum abgeschätzt werden. Viele Analysten sind der Meinung, dass erst die Spitze des Eisberges bekannt ist und noch viel Geld in uneinbringlichen Forderungen steckt.

Nerven bewahren

Anleger, die in ihrem Portfolio Finanztitel haben, brauchen daher schon seit Wochen vor allem eines: gute Nerven. Denn die Hiobsbotschaften ziehen die Banken- und Finanztitel international in Mitleidenschaft.

"Man muss in solchen Momenten ganz genau differenzieren", sagt Hans Engel, Marktstratege im Bereich Research bei der Erste Bank. Denn obwohl es eine Reihe von Finanzwerten gibt, die an der Börse in den vergangenen Wochen ordentliche Verluste eingefahren haben, "gibt es auch erfolgreiche Unternehmen in dieser Branche, wie etwa Mastercard, die im dritten Quartal einen Gewinnsprung verbucht haben".

Von übereilten Panikverkäufen der Finanzaktien rät Engel im Gespräch mit dem Standard aber ab. Der Rat des Experten: "Gegenbewegungen, die es derzeit immer wieder gibt, können für einen Ausstieg genutzt werden. Die frei gewordene Liquidität sollte in andere Werte umgeschichtet werden."

Obwohl es bereits Stimmen am Markt gibt, die die derzeitigen Niveaus - die Citigroup etwa notiert derzeit bei rund 33 Dollar und damit so tief wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr - für einen Einstieg in die leidgeprüften Finanzwerte empfehlen, rät Engel davon ab: "Dafür ist es noch zu früh, viele Aktien haben ihre Tiefststände noch nicht erreicht." Zudem mache die Schwäche des US-Dollars ein Investment zusätzlich unattraktiv.

Großer Druck

Die Finanzkrise treffe die Börsen laut Engel stärker als das Platzen der Internetblase im Jahr 2000. "In Zeiten des Internethypes haben viele Unternehmen an der Börse notiert, die nie Gewinne verbucht haben. Die Finanzwerte, die jetzt von den Schwierigkeiten betroffen sind, sind große Institute mit einer langen Historie, die vor den derzeitigen Korrekturen auch keine exorbitanten Gewinnsprünge verzeichnet haben." Auf den Märkten laste ein großer Druck - rund 40 Prozent der Gewinne und Dividenden etwa aus dem Index S&P 500 stammen aus Finanztiteln, diese Branche ist im Index mit 30 Prozent der größte Sektor. Die neuen "bad news" haben dem Index in den vergangenen Tagen rund 100 Punkte gekostet.

Zu den aktuellen Abschreibungen gesellen sich gestiegene Kosten für Fremdkapital, etwa durch Yen-Kredite. Die japanische Währung ist seit Juni im Vergleich zum Dollar im Aufwind und damit sinkt der Vorteil vieler US-Investoren, die einst billige Yen-Kredite in ihren Bilanzen haben.

Wie all diese Probleme auf die wirtschaftliche Entwicklung abstrahlen und welche Branche noch einbrechen könnte, ist noch unklar. "Für eine Begrenzung der wirtschaftlichen Folgen sprechen die letzten US-Arbeitsmarktdaten", sagt Monika Rosen vom Asset Management der BA-CA. Das bevorstehende Weihnachtsgeschäft wird damit zum wichtigen Indikator. Das Verbrauchervertrauen ist in den USA zuletzt jedoch stärker gesunken als erwartet. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.11.2007)