David Lynch (61) promoted derzeit sein Projekt einer "Invincible University" für Österreich.

Foto: STANDARD/Newald
Wenn der Mann mit der markanten Stehfrisur spricht, dann redet seine rechte Hand mit: Fortwährend zeichnen die Finger kleine Wellenwirbel in die Luft. Auf dem roten Vorhang des Wiener Gartenbaukinos ergab das Sonntagnachmittag hinter dem Redner abstraktes Schattentheater.

David Lynch, 61 Jahre alt, den man bisher vor allem als Filmemacher, Fotografen, Maler und Autor kennt, ist derzeit in Wien, um hier sein Projekt einer "Invincible University" für Österreich zu promoten, einer Einrichtung, die ihren Studierenden neben einer Fachausbildung auch "das Rüstzeug mitgeben will, ihr kreatives Potenzial voll zu entfalten". Und zwar mittels "transzendentaler Meditation" nach Maharishi Mahesh Yogi, die der Regisseur selbst bereits seit über dreißig Jahren täglich praktiziert - während der Arbeit an Eraserhead habe er auf Anraten seiner Schwester damit begonnen.

Lynch machte bereits mit diesem seinem Filmdebüt 1977 als Erfinder höchst eigenwilliger, surrealer Filmerzählungen auf sich aufmerksam. Mit seiner bisher letzten Arbeit, Inland Empire (2006), erkundete er mittels digitaler Aufzeichnungstechnik noch einmal künstlerisches Neuland - ein Thema übrigens, bei dem sich der Regisseur im Gespräch mit dem Standard ähnlich enthuasiastisch zeigt wie in Bezug auf seine aktuelle Mission. (Ob er jemals wieder mit herkömmlichem Filmmaterial arbeiten werde? - "Nie mehr!")

Der Filmemacher hat im Juli 2005 die "David Lynch Foundation für Bewusstsein-basierte Erziehung und Weltfrieden" gegründet, die die Einrichtung von Meditationsprogrammen in Schulen finanziell unterstützt. Seit einiger Zeit reist er mit einem Stab von Mitarbeitern um die Welt, er hat unter anderem im Oktober in Israel Shimon Peres getroffen und in Schottland Anfang dieses Monats gemeinsam mit dem Musiker Donovan ein weiteres Universitätsprojekt vorgestellt - man reise, so Lynch, "wohin man uns einlädt".

Ein konkretes Initialerlebnis, weshalb er die für ihn persönlich so bereichernde Erfahrung der geglückten "Bewusstseinserweiterung" irgendwann auch einer größeren Öffentlichkeit nahebringen wollte, nennt der Vater von drei (teils erwachsenen) Kindern aus drei geschiedenen Ehen nicht. Aber viele Schulen in den USA seien beispielsweise zu "hellholes" verkommen. Schüler wie Lehrer seien dort mit Gewalt konfrontiert, die Folgen seien unter anderem Burnout auf beiden Seiten, Abhängigkeit von Medikamenten oder illegalen Drogen.

Heute, Montag, ist ein Treffen mit Bundeskanzler Alfred Gusenbauer angekündigt - welche Erfahrungen er bisher aus solchen Begegnungen mit Politikern mitgenommen hat? Nun, er spüre an vielen Orten eine gewisse Offenheit für seine Idee. Und dann tänzeln sie wieder, die Finger. (Isabella Reicher /DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2007)

Fragestunde mit David Lynch

Wien - US-Regisseur David Lynch (61) stand am Sonntagnachmittag vor ausgebuchtem Haus im Gartenbaukino Fans und Interessierten Rede und Antwort: Was ihn inspiriere ("Orte, Dinge, Gefühle - alles kann den ersten Anstoß zu einer Idee liefern"), wie er zu Trauer, Wut und Aggression als kreativem Antrieb stehe ("Das ist doch oft eine Pose, ein wirklich depressiver Künstler kann in diesem Zustand gar nicht kreativ sein") und was das alles mit seiner Ausübung transzendentaler Meditation zu hat. Lynch weilt seit Samstag in Wien, um seine Foundation für "Bewusstseins-basierte Erziehung und Weltfrieden" und ein entsprechendes Schulprojekt vorzustellen. (red /DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2007)