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Kinder mit Diabetes haben in der Schule eine Sonderstellung - und sind gefährdet, Außenseiter zu werden.

Foto: APA/Helmut Fohringer
Fischfett gegen Diabetes: So könnte man das Ergebnis einer kürzlich veröffentlichten Studie der University of Colorado zusammenfassen. Forscher hatten die Ernährung und den Gesundheitszustand von mehr als 1700 Kindern beobachtet, in deren Blut die für den Typ-1-Diabetes typischen Antikörper gefunden wurden. Dabei stellten sie fest, dass Omega-3-Fettsäuren, die zum Beispiel in Hering, Lachs und Makrele enthalten sind, das Risiko der Zuckerkrankheit bei den Kindern immerhin um die Hälfte reduzierten.

Graue Theorie

Könnte man also, das Studienresultat weitergedacht, den Kindern, wenn ein Diabetesrisiko erkannt wird, Omega-3-Fettsäuren geben - und hätte man dann 50 Prozent mehr Chancen, dass die Zuckerkrankheit nicht ausbricht? Graue Theorie, warnen Experten. Die Ergebnisse könnten nicht so einfach auf alle Kinder umgesetzt werden. Man müsste auch die Umsetzbarkeit eines Risiko-Screenings hinterfragen. Der Kinderarzt Hellmut Wutzl vom Krankenhaus Wiener Neustadt sieht in derartigen Nachrichten sogar "die Gefahr, dass Betroffenen Hoffnung auf Heilung und Erleichterung gemacht wird, die nicht zu halten ist."

Kontinuierliches Ansteigen

Aktuelle Zahlen geben ihm Recht. Von einem Eindämmen der epidemisch sich verbreitenden Krankheit kann keine Rede sein - im Gegenteil. "Wir beobachten eine kontinuierliche Zunahme dieser Erkrankung im Kindes- und Jugendalter mit Steigerungsraten von rund drei Prozent im Jahr", sagte kürzlich die Diabetologin Edith Schober vom Wiener AKH - und meinte den genetisch bedingten Typ-1-Diabetes.

Weltweit stieg die Zahl der jugendlichen Typ-2-Diabetiker seit 2000 um 15 Prozent. In Mitteleuropa wird diese vor allem durch Fettleibigkeit und Bewegungsarmut verursachte Erkrankung noch bei vergleichsweise wenigen Kindern festgestellt. Das kann sich schlagartig ändern: 14 Millionen Kinder in Europa sind laut EU zu dick. Mehr als drei Millionen davon sind fettleibig. In Österreich ist jeder fünfte Bub und jedes sechste Mädchen übergewichtig.

Vererbung und Lebensstil

Zwar ist das Risiko, am Typ 2 zu erkranken, auch in der Erbanlage zu finden, die Frage, ob der Diabetes in diesem Fall ausbricht, hängt allerdings allein vom Lebensstil ab. Und der scheint nicht vorteilhaft zu sein: Achtjährige mit 50 bis 70 Kilogramm Gewicht sind keine Seltenheit mehr. Ärzte schlagen schon länger Alarm. Bei Zuckerbelastungstests fettleibiger Kinder fällt zum Beispiel Hellmut Wutzl auf, "dass die Blutzuckerspiegel teilweise im oberen Grenzbereich liegen und vor allem erhöhte Insulinspiegel nötig sind, um den Zucker in Schranken zu halten". Eine Ernährungsumstellung wird gefordert: mehr Obst und Gemüse, weniger Pommes.

Ernährungsplanung

Ein Speiseplan, der selbstverständlich auch beim Auftreten von Typ-1-Diabetes nötig sei, ergänzen Ärzte. Dazu werden für bestimmte Altersstufen bestimmte Insulintherapien vorgeschlagen. Die bei erwachsenen Zuckerkranken häufig verordnete Basis-Bolus-Therapie die Flexibilität bei Essensmengen, -zeiten und Nahrungsmittel ermöglicht, wird bei Kleinkindern, in deren Alltag kein fixer Essensplan umsetzbar ist, empfohlen.

Insulingaben

Ein starres Schema mit fixen Mahlzeiten zu bestimmten Zeiten und fixen Insulingaben hat sich im Kindergarten- und Volksschulalter bewährt. Jugendlichen, die schon mehr Verantwortung übernehmen dürfen, wird schließlich der selbstständige Umgang mit Basis-Bolus zugetraut. Während der Pubertät kann es allerdings zu starken, nicht nachvollziehbaren Schwankungen kommen. Der Insulinbedarf steigt an, nicht selten wird die Krankheit in dieser Phase auch abgelehnt.

Aufholbedarf bei Einstellung

Diabetologen betonen gern, dass mit der richtigen Einstellung die gefürchteten Spätschäden der Zuckerkrankheit (Nervenschädigung, Nierenversagen, Herzinfarkt, Blindheit) vermieden werden können. In Österreich gebe es aber Aufholbedarf. Die Einsatzrate von Insulinpumpen, die nach einer vorherigen Programmierung automatisch das lebenswichtige Hormon injizieren, sei im Europa-Vergleich unterdurchschnittlich.

Umgang mit Geräten

Nur etwa 2500 Betroffene hätten derartige Geräte. Dabei würde die Therapieform besonders Kindern und Jugendlichen durch mehr Flexibilität den Umgang mit ihrer Krankheit erleichtern. Viele Eltern befürchten, dass die Kinder an der Programmierung "herumspielen" könnten, meinen Pharmafirmen, den Grund zu wissen. Zuckerschwankungen seien da nicht auszuschließen. "Da braucht es eben eine Einschulung. Kinder gehen meist sehr ernsthaft mit der Zuckerkrankheit um."

Weltdiabetestag

Auf derartige Probleme will man auch am Weltdiabetestag, dem 14. November, hinweisen. Er steht heuer unter dem Motto "Kinder und Jugendliche mit Diabetes". Mit blauem Licht, einer Farbe, die den Planeten symbolisieren soll, werden Sehenswürdigkeiten wie das Empire State Building beleuchtet. Erstmals wird der Weltdiabetestag von der Internationalen Diabetesföderation (IDF) gemeinsam mit der UNO durchgeführt. (DER STANDARD, Printausgabe, Peter Illetschko, 12.11.2007)