Teamchef-Assistent und Jung-Vater Andreas Herzog (am 11. Oktober kam Sohn Luca zur Welt) hofft auf letzteres Szenario und machte sich unmittelbar vor dem Auftakt des Team-Camps in Lindabrunn auch Gedanken über den Unterschied zwischen österreichischer und englischer Liga und die Kritikfähigkeit der ÖFB-Internationalen.
Wie sehen Ihre Erwartungen vor den Testspielen gegen England und Tunesien aus?
"Durch das gute Spiel gegen die Elfenbeinküste ist die Stimmung wieder ein bisschen besser geworden. Ich glaube, dass die Mannschaft an Selbstvertrauen gewonnen hat. Man hat gesehen, wenn der Spielverlauf für uns günstig ist, können wir auch gegen sehr gute Mannschaften um einiges besser spielen als wir davor gezeigt haben."
Stehen die Vorzeichen vor dem England-Match aufgrund der schwierigen Situation von Beckham und Co. nicht besonders günstig für Österreich?
"Die Engländer haben einen extremen Druck. Sie spielen ein paar Tage später das vielleicht entscheidende Quali-Match gegen Kroatien. Jetzt ist die Frage, spielen sie gegen uns mit der Stammformation und riskieren Verletzungen, oder spielen sie mit der zweiten Formation und verlieren möglicherweise - dann ist das für sie auch alles andere als positiv. Wenn wir ihnen von der ersten bis zur letzten Minute alles abverlangen, können wir ein gutes Ergebnis erzielen. Das wäre in Bezug auf die EURO für das ganze Umfeld wichtig."
Wären in diesem Fall die Weichen in Österreich endgültig in Richtung EM-Euphorie gestellt?
"Das kann sein. Wenn wir diese beiden Länderspiele positiv gestalten, ist die Situation wie 2006, als die Stimmung zu Jahresbeginn negativ und dann über den Winter zuversichtlich war. Dann muss es aber im Gegensatz zu heuer auch im nächsten Frühjahr stetig bergauf gehen. Es reicht nicht, wenn man nur ein Mal aufzeigt."
Vor dem Elfenbeinküste-Match wackelte der Teamchef-Sessel von Josef Hickersberger gehörig. Wie haben Sie diese Situation miterlebt?
"Teamchef zu sein ist ein schwieriger Job, man wird nur am Erfolg gemessen. Aber er hat sich nie verändert, hat sich nicht biegen lassen, hat seine Linie verfolgt, nie die Nerven verloren, sich vor die Mannschaft gestellt und sie in schwierigen Zeiten in Schutz genommen. Der Sieg gegen die Elfenbeinküste war dann sicher eine Befreiung für ihn."
Hatten Sie damals den Eindruck, dass sowohl das Team als auch die Betreuer in der Öffentlichkeit unfair behandelt wurden?
"Das Team und auch wir im Betreuerstab müssen füreinander durch dick und dünn gehen, der eine muss sich auf den anderen verlassen können. Was von außen kommt, muss an uns abprallen. Durch positive Ergebnisse dreht sich das in Österreich eh alles wieder sehr schnell. In Deutschland oder England ist es teilweise viel heftiger, dort sind die Ansprüche aber auch viel höher. Dass man in Österreich oft durch den Kakao gezogen wird und es teilweise lächerliche Kritik gibt, das kann man nicht ändern, aber das darf uns auch nicht interessieren. Wichtig ist, dass wir wissen, was wir falsch gemacht haben und dass wir aus unseren Fehlern lernen."
Ist die Fähigkeit zur Selbstkritik bei den Spielern ausreichend ausgeprägt?
"Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Es hängt auch von der Persönlichkeit und dem Alter ab. Mit 19 Jahren bin ich zum Beispiel mit Kritik anders umgegangen als mit 30. Wir haben viele international unerfahrene Spieler in der Mannschaft, die so eine Situation wie zuletzt noch nicht mitgemacht haben. Jetzt wird man sehen, ob sie daraus gestärkt herauskommen. Wenn sie das nicht schaffen, dann kommen sie auch nicht weiter. Dann können sie brav in der österreichischen Liga spielen, aber international werden sie sich nicht in Szene setzen können und dadurch auf Sicht auch nicht mehr im Team spielen. Prinzipiell müssen sie wissen, dass man normale, sachliche Kritik vertragen muss. Wenn sie berechtigt ist, muss man damit umgehen, wenn nicht, links liegen lassen. Wenn man kritisiert wird, darf man nicht das Selbstwertgefühl verlieren, aber auch nicht glauben, ich bin allmächtig, ich darf nicht kritisiert werden. Wenn Trapattoni, der erfolgreichste Trainer der Welt, oder Ronaldinho und Schewtschenko kritisiert werden, warum dürfen dann österreichische Spieler nicht kritisiert werden?"
Zurück zum Freitag-Gegner: Wie kann man den Klasseunterschied zu Nationalmannschaften wie England aufholen?
"Dazu braucht man so viele Legionäre wie möglich. Das war so und wird auch in Zukunft so sein. Die österreichische Liga konnte man vor 20 Jahren nicht mit Spanien oder Italien vergleichen und wird es auch in 20 Jahren nicht können. Die Liga muss junge, gute Spieler produzieren, die dann ins Ausland wechseln und sich an ein schnelleres Tempo und bessere Technik anpassen. Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich mir nach den ersten Spielen auch gedacht: Wenn das so weitergeht, bin ich in einem halben Jahr in der Nervenheilanstalt. Aber dann habe ich mich angepasst."
Worin liegt Ihrer Meinung nach der größte Unterschied zwischen der österreichischen Bundesliga und einer Top-Liga wie der Premier League?
"Im Tempo. Wenn in England der Tormann eine Flanke fängt, geht es gleich im Sprint weiter. Bei uns sind die Pausen schon größer. Ich will aber die Bundesliga nicht schlecht reden. Wir dürfen auch nicht so vermessen sein, uns mit der englischen Liga zu vergleichen, sondern wir müssen auf Länder wie die Schweiz schauen, die ungefähr in unserer Preisklasse sind. Wenn ich dann sehe, dass die im Europacup erfolgreicher sind, dann ist die Qualität in unserer Liga derzeit nicht gut genug. Jetzt liegt es an der Austria, dass sie für die heurige Saison die Kastanien aus dem Feuer holt."
Austria-Trainer Georg Zellhofer beklagte sich zuletzt aber über die Doppelbelastung. Wie sehen Sie diese Thematik?