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Der künftige slowenische Präsident Danilo Türk mit Gattin Barbara in der Wahlnacht: kein Konfrontationskurs mit der Mitte-rechts-Regierung.

Foto: AP/Bandic
Mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen hat der frühere UNO-Spitzendiplomat Danilo Türk die slowenische Präsidentschaftswahl gewonnen. Für die Rechte der Slowenen in Österreich will er sich künftig stärker als seine Vorgänger einsetzen.

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Als in Belgrad der serbische Führer Slobodan Milosevic gestürzt wurde, plakatierten in Ljubljana (Laibach) die slowenischen Rechtsparteien groß das Gruppenfoto mit den letzten jugoslawischen Republikspräsidenten, aufgenommen kurz vor Kriegsbeginn 1991. Alle waren schon durchgekreuzt wie die Gesichter auf einem Fahndungsposter. Nur einer war noch übrig: Milan Kucan, damals noch amtierender Präsident der Republik Slowenien. Viele Bürger nahmen die Anschläge kopfschüttelnd zur Kenntnis. Unser Milan Kucan - ein slowenischer Milosevic?

Schlimmer hätte die damalige slowenische Rechtsopposition nicht danebenhauen können. Antikommunismus, auch die Verketzerung Jugoslawiens, stößt in Slowenien auf weitverbreitetes Unverständnis. Die mittlere Generation hat die "eigenen" Kommunisten als umsichtige und tolerante, liberale Politiker kennengelernt; ihr Jugendverband zog in den 1980er-Jahren sogar Köpfe an, die anderswo bei den Dissidenten landeten. Sloweniens Übergang zur Marktwirtschaft gilt europaweit als großer Erfolg. Bewerkstelligt wurde er von ehemaligen Kommunisten wie Janez Drnovsek, dem nun scheidenden Amtsnachfolger Milan Kucans, des ersten Staatsoberhaupts des souveränen Slowenien.

Erstes Lob für die Linke

Bis wenige Tage vor der Präsidentenwahl am Sonntag durfte man glauben, Sloweniens Bürgerliche hätten aus ihren Fehlern gelernt. Ihr sympathischer, allem Eifer abholder Kandidat Lojze Peterle sagte als Erster klar, dass der in seinen Kreisen so verhasste exkommunistische Gegner sich immerhin um die Unabhängigkeit des Landes verdient gemacht hatte - ein Urteil, das etwa dem konservativen Regierungschef Janez Jansa nie und nimmer über die Lippen kommen würde.

Dann aber trat Peterle doch wieder kräftig in den Fettnapf. Anhand eines angeblich brisanten Dokuments "bewies" der Christdemokrat und erste Regierungschef des unabhängigen Slowenien, dass sein Gegenkandidat Danilo Türk noch 1991 als Vertreter Jugoslawiens im Minderheitenbeirat der Vereinten Nationen gesessen war. Wieder einmal gab es unter vielen Slowenen Verwunderung. Titos Jugoslawien hatte sich gerade mit seiner Minderheitenpolitik international Respekt erworben. Davon zehrt auch das kleine Slowenien bis heute gern. Als "Reich des Bösen" möchten die Slowenen ihr Land von niemandem darstellen lassen.

Slowenien hat mit seiner exkommunistischen Führungsschicht im Bewusstsein sehr vieler Wähler viel erreicht: die Unabhängigkeit, den Beitritt zu EU und Nato und nicht zuletzt eine wirtschaftliche Transformation ganz ohne Massenarbeitslosigkeit und andere Folgen des "heilsamen Schocks", den manche neue Eliten ihren Nationen zumuteten.

Wenig Auslandskapital

Anders als etwa in Ungarn - oder neuerdings in Kroatien - ist das meiste Produktivkapital in Slowenien noch in öffentlicher Hand - zum Verdruss vor allem der Österreicher, die sonst in der ganzen Region wirtschaftlich dominieren und die zeitweise wenig diplomatisch Sympathien für einen Machtwechsel in Ljubljana bekundeten. Von den slowenischen Bürgern wird die geringe Quote ausländischer Investitionen mehrheitlich allerdings als Vorteil gesehen.

Auch mit der Vergangenheitsbewältigung, die das Land weit mehr beschäftigt als etwa das Rentensystem oder die Familienpolitik, konnte die slowenische Rechte aus eigener Schuld diesmal wieder nicht punkten. Die jüngste Aushebung von Massengräbern mit Opfern der kommunistischen Partisanen aus dem Zweiten Weltkrieg führten keineswegs dazu, dass die Slowenen den Befreiungskampf gegen die deutsche und die italienische Besatzung nachträglich ablehnen.

Erreicht wurde mit den Enthüllungen aber, dass das linke Lager sich nun kritischer als bisher mit seiner heroisierten Geschichte befasst und der bizarre Heldenkult um die proletarischen Brigaden einer nüchterneren Sicht weicht. Auf der Rechten versuchen manche indes, die ausgegrabenen Leichen für eine grundsätzliche Umdeutung der Geschichte zu instrumentalisieren. (Norbert Mappes-Niediek/DER STANDARD, Printausgabe, 13.11.2007)