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Blumen für den getöteten Gabriele Sandri.

Foto: Reuters/Rossi
Rom - Der 32-jährige italienische Polizist, der auf einer Autobahn-Raststätte in der Nähe der toskanischen Stadt Arezzo am Sonntag einen Lazio-Fan erschossen hat, gerät immer mehr unter Druck. Nach Angaben des italienischen Innenministers, Giuliano Amato, hat sich der tödliche Schuss auf den Anhänger entgegen ersten Polizeiberichten doch nicht versehentlich aus der Waffe des Beamten gelöst. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Verkehrspolizist von der anderen Seite der Autobahn mit ausgestreckten Armen geschossen habe, berichtete Amato am Dienstag vor dem Parlament.

Aus Ermittlerkreisen ging hervor, dass der Polizist, Luigi Spaccarotella, einen Warnschuss in die Luft gefeuert hatte, nachdem er beobachtet hatte, wie ein Auto mit Lazio-Fans auf eine Gruppe von Juve-Ultras losgegangen war. Der Polizist hatte erzählt, dass sich ein zweiter Pistolenschuss versehentlich gelöst hatte. Zeugen berichteten jedoch, dass der Polizist mit gestrecktem Arm auf das Auto mit dem Lazio Fan Gabriele Sandri geschossen hatte, vermutlich um die Reifen zu treffen. Dabei war der römische Tifoso, der am Mittwoch beerdigt werden soll, tödlich getroffen worden. Gegen den Polizisten werde wegen möglichen Totschlags ermittelt.

"Situationen wie in einem Bürgerkrieg"

Nach dem Tod Sandris und den daraus resultierenden Krawallen im ganzen Weltmeister-Land forderte der Ex-Internationale und jetzige Teammanager Gigi Riva einen kompletten Stopp der italienischen Meisterschaft. "In Italien ist es zu Situationen wie in einem Bürgerkrieg gekommen. Wir müssen die Meisterschaft abbrechen, bis man das Problem der Gewalt gelöst hat", meinte Riva.

UEFA-Präsident Michel Platini plädiert für drakonische Strafen gegen gewalttätige Fans: "Sie sollten ins Gefängnis - und zwar nicht nur für zwei Monate, sondern für zwei Jahre. Und sie sollten niemals wieder ein Stadion betreten dürfen". Gegen die Gewalt-Exzesse von Fußball-Hooligans hatte der Franzose eine kuriose Idee. "Jeder Zuschauer sollte ein Kind mit ins Stadion bringen. Das wäre das beste Gegenmittel für Gewalt", so Platini nach Angaben italienischer Medien vom Dienstag.

In jedem Fall extrem

Die Zahl der gewaltbereiten Fußballfans in Italien wird mit mehr als 20.000 angegeben. Im Calcio haben demnach 63 Ultras-Organisationen mit insgesamt 14.630 Mitgliedern Verbindungen zur rechtsextremen Szene. Mit linksextremen oder anarchistischen Kreisen stehen 35 Ultras-Gruppen mit 5275 Anhängern in Beziehung.

Die gefährlichsten Hooligans ortet die Studie in der Gefolgschaft des Erstligisten SSC Napoli, sowie der Zweitligisten Hellas Verona und Salernitana. Als gefährlich werden auch die Ultras von Brescia, Atalanta, Genua und Catania eingestuft. Die Ultras von Lazio Rom sind zwar berüchtigt, allerdings nicht explizit erwähnt.

"Es ist offensichtlich, dass die Hooligans Propaganda für eine gewalttätige Opposition zum institutionellen System machen", heißt es im Bericht des Innenministeriums. Die unterschiedlich ausgerichteten Gruppen würden nach Sandris Tod mehr denn je in der Polizei den gemeinsamen Feind sehen. Innenminister Amato sprach von "umstürzlerischen Kreisen". Sandris Tod sei nur eine "gesuchte Gelegenheit" gewesen. (APA/sid/red)