Nein, natürlich sei die Behauptung, es gebe eine Israel-Lobby, nicht antisemitisch, meint Karl Pfeifer über John J. Mearsheimers und Steven M. Walts Buch "Die Israel-Lobby". "Es gibt sie, genauso wie es eine saudische oder irische Lobby oder aber die Waffenlobby gibt. Und sie ist in Amerika auch vollkommen legitim. Aber sie ist eben eine von vielen und noch dazu nicht einmal die stärkste", so der frühere Redakteur der "Gemeinde" (Organ der Israelitischen Kultusgemeinde, Anm.) und Kurator des DÖW im derStandard.at-Gespräch. Auch wolle er nicht behaupten, die beiden US-Wissenschaftler seien Antisemiten. Nichts desto trotz geht Pfeifer mit den beiden streng ins Gericht.

Allein schon der Zeitpunkt der Publikation ihres Artikels, auf dem auch das Buch basiert, sei verräterisch. Glaubwürdig nämlich wäre der im Buch erhobene Vorwurf, die Israel-Lobby habe die US-Regierung in den Irak-Krieg getrieben, aus seiner Sicht nur dann gewesen, wenn die beiden Autoren ihn bereits zu Beginn des Irak-Krieges veröffentlicht erhoben hätten und nicht erst, als die Irak-Politik zu scheitern drohte: "Als klar war, dass der Irak-Krieg in den Schlamm ging, brauchte man einen Sündenbock - und wer das sein soll, ist doch ganz klar...", formuliert er provokant.

Übertreibung

Seiner Meinung nach übertreiben Mearsheimer und Walt den Einfluss der Lobby maßlos: "Schauen wir uns doch mal die Welt an und wer hier entscheidet, das ist doch nicht die eine Lobby, da gibt es verschiedene, vor allem wirtschaftliche Interessen." Auch die Behauptung der Autoren, man dürfe Israel nicht kritisieren, ohne durch den Vorwurf, man sei Antisemit, mundtot gemacht zu werden: "Natürlich kann man in den USA Kritik an Israel üben, allein wenn man die drei großen US-Medien Washington Post, New York Times und Los Angeles Times liest, findet man jede Menge Kritik an Israel." Das Gleiche treffe auch auf Österreich zu.

"Mearsheimer und Walt behaupten, man hätte ihr Buch unterdrückt, aber sie verdienen sechsstellige Dollarbeträge damit. Wie mächtig ist nun diese Israel-Lobby wirklich?", so der Journalist.

Kritik am Renner-Institut

Ebenso kritisch sieht Pfeifer die Rolle des Renner-Instituts, auf dessen Einladung die beiden Autoren am Montag einen Vortrag hielten. Dabei betont er auch hier, dass er dem Renner-Institut keineswegs antisemitische Absichten unterstellen wolle. "Was ich den Organisatoren aber vorwerfe ist, dass sie wissen müssten, in welchem Land sie diese Veranstaltung abhalten."

Denn gerade in Österreich sei der Antisemitismus nach wie vor nicht besiegt, die Vermischung zwischen Antiamerikanismus und Antisemitismus weit verbreitet. "Ein großer Teil der österreichischen Gesellschaft stimmt der Behauptung zu, Israel sei jenes Land, das die größte Gefahr für den Weltfrieden darstellt. Da ist es schon sehr bequem - und populär - , diesem Vorurteil entgegenzukommen."

Richtiger Rahmen

Einen Vorwurf, den der Chef des Renner-Instituts, Karl Duffek, so nicht stehen lassen will. "Es gibt zwei Möglichkeiten: Man macht keine Veranstaltung und tut so, als gebe es weder das Buch noch die Debatte. Oder man macht eine Veranstaltung und setzt einen richtigen Rahmen dafür. Das ist die Variante, für die wir uns entschieden haben."

Mit Anton Pelinka als explizitem Kritiker des Buches sei dem Renner-Institut dies auch gelungen, zieht Duffek zufrieden Bilanz. "Das Publikum war sehr gemischt, das haben auch die Wortmeldungen gezeigt, und es war eine über weite Strecken sehr sachliche Diskussion." (Sonja Fercher, derStandard.at, 13.11.2007)