Wien - Die Aktie Gusenbauer geht - so würden es Börsianer formulieren - in Richtung Süden. Also nach unten. Seit Monaten befinden sich die Sympathiewerte des SPÖ- Vorsitzenden in einem beständigen Tief. Österreichische Meinungsforscher vermuten, es könnte für Gusenbauer noch schlimmer kommen, wenn er nicht radikale Korrekturen an seinem Erscheinungsbild vornimmt. Sie gehen mit dem SPÖ- Chef hart ins Gericht: Gusenbauer sei im Grunde nicht der ganz Richtige zum jetzigen Zeitpunkt für die SPÖ. Der Chef des Linzer Imas-Institutes, Andreas Kirschhofer: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie die SPÖ Erfolg haben soll mit einem Mann an der Spitze, der so wenig Akzeptanz in der Bevölkerung findet. Gusenbauer wirkt äußerlich nicht sehr gewinnend, er strahlt eine übertriebene Härte aus und wirkt fast brutal." Gusenbauer wirke zwar extrem klug und intellektuell. Kirschhofer: "Intellektualität kann aber oft kontraproduktiv sein. Er punktet damit nicht in der breiten Bevölkerung." Deutlich wird auch Peter Ulram vom VP-nahen Institut Fessel. Gusenbauer liege heute mit seinen Werten auf niedrigerem Niveau als noch vor wenigen Monaten. Ulram: "Seine öffentlichen Auftritte sind katastrophal. Er hat sein mediales Erscheinungsbild, den Umgang mit den elektronischen Medien einfach nicht im Griff. Er wirkt als Mann des provinziellen Parteiapparates. Er mag vielleicht 250 Parteifunktionäre begeistern, die noch dem Flair der 50er-Jahre und der 1. Maifeiern nachtrauern, begeistern, nicht aber die breite Wählerschicht. Wenn ihm nicht in drei bis vier Monaten ein totaler Relaunch gelingt, wird es für ihn sehr schwer werden." Auch Werner Beutelmeyer vom Market-Institut ortet "Sand im Getriebe" bei Gusenbauer. Da könnte "ein längerfristiges Tief daraus werden". Er agiere mit seinem fundamentallinken Image "gegen den Trend der Zeit. Beutelmeyer: "Die Leute wollen keine Revoluzzer. Gusenbauer wirkt außerdem wenig sympathisch. Er müsste etwas an der Verpackung ändern." Günter Ogris vom Institut Sora ist überzeugt, dass Gusenbauer noch im September "die richtige Strategie präsentieren muss". Im Gegensatz zu seinen Kollegen glaubt Ogris aber nicht, dass das Sympathietief politisch eine wesentliche Rolle spielen werde. Günter Ogris: "Sympathie ist kein politisches Ziel. Er hat hohe Sachkompetenz, das ist wichtiger. Außerdem: Er liegt bei den Sympathiewerten sogar besser als Wolfgang Schüssel vor einem Jahr." (Walter Müller/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 19./20.8.2000)