Middlesbrough/Wien - Ausgerechnet im Fußball-Testspiel des ÖFB-Teams gegen England hängt Emanuel Pogatetz noch in der Warteschleife. Der Middlesbrough-Legionär hat seine schweren Knieverletzungen zwar überwunden und feierte am Sonntag beim 0:0 in Bolton ab der 30. Minute sein Premier-League-Comeback, in den Partien gegen seine Wahlheimat und danach gegen Tunesien muss der Verteidiger allerdings seine Sperre aufgrund der Roten Karte vor über zwei Jahren in der WM-Qualifikation gegen Nordirland absitzen.

Im Interview sprach der Steirer über Österreichs Chancen gegen England, seine heftige Kritik an Teamchef Josef Hickersberger und Co. und das Gespräch mit ÖFB-Kapitän Andreas Ivanschitz, das wohl noch längere Zeit auf sich warten lässt.

Wie ist es Ihnen bei Ihrem Comeback, Ihrem ersten Premier-League-Einsatz in dieser Saison, ergangen?

"Ganz gut. Von der Verletzung her hatte ich keine Beschwerden, und wir haben auch kein Tor bekommen. Ich habe zwar links in der Viererkette gespielt, aber das war kein Problem, weil Bolton viel mit hohen Bällen agiert hat. Und dass mich die Fans mit Standing Ovations begrüßt haben, war einfach nur ein schönes Gefühl."

Wie sehr schmerzt es, dass Sie nicht schon eher fit geworden sind, Ihre Sperre früher hätten absitzen können und dadurch gegen England hätten spielen können?

"Natürlich bin ich enttäuscht, aber im Großen und Ganzen auch froh, dass die Verletzung völlig ausgeheilt ist. Bei dieser Verletzung (Anm.: Knorpel-Abnützung an beiden Kniescheiben) hätte es auch passieren können, dass ich viel länger verletzt bin."

Wie schätzen Sie die Chancen des ÖFB-Teams gegen England ein?

"Nicht so schlecht. Für die Engländer ist es ein Vorbereitungsspiel auf das Kroatien-Match, in dem sie das eine oder andere ausprobieren werden. Für uns ist es ein Qualifikationsspiel. Jeder will seinen Platz im Kader behalten und wird alles geben. Jeder will sich für die EURO empfehlen, aber dieses Spiel kann auch für die Karriere jedes Einzelnen wichtig sein, denn da kann man sich in die Notizblöcke spielen. Dennoch sind die Engländer von den Spielern her über uns zu stellen."

Wie wird der österreichische Fußball in England gesehen?

"Man weiß nicht viel über uns, deshalb musste ich zuletzt auch viele Interviews für englische Zeitungen geben. Die Engländer haben zwar mitgekriegt, dass es eine Petition gegeben hat, die den Verzicht auf eine EURO-Teilnahme fordert, sie wissen aber nicht, wo wir stehen."

Wo liegen die Unterschiede zwischen England und Österreich in der täglichen Trainingsarbeit?

"Es gibt hier ganz andere Möglichkeiten. Wir haben ein großes Trainingszentrum, eine große Fitness-Abteilung und medizinische Abteilung. Es gibt mehr Betreuer, daher wird auch viel mehr individuell gearbeitet. Wir frühstücken alle gemeinsam und essen gemeinsam zu Mittag. Bei uns ist es nicht so, dass man eine Minute vor dem Training kommt und eine Minute nach dem Training geht."

Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Ex-Trainer und nunmehrigen Teamchef Steve McClaren?

"Ein bisschen. Seine Kinder gehen noch in Middlesbrough zur Schule, und zuletzt habe ich ihn in Middlesbrough in einem Restaurant getroffen, da haben wir eine Weile geplaudert."

Verstehen Sie die harte Kritik der englischen Medien an McClaren?

"Das gehört dazu. In England kann die Presse eben sehr hart sein, aber das weiß er. Er war bei Middlesbrough auf jeden Fall ein hervorragender Trainer und ist es auch sicher beim englischen Team. Auf Taktik legt er viel wert, doch er kann auch mit Spielern gut umgehen. Er ist ein lockerer Typ und wir hatten viel Spaß mit ihm, aber er scheut auch nicht vor harten Entscheidungen zurück."

Wie sehen Sie die Entwicklung des österreichischen Nationalteams seit Ihrem letzten Spiel im September 2006?

"Ich habe ja die letzten Spiele nur im TV gesehen, daher ist es schwierig, eine Einschätzung abzugeben. Man hat aber zuletzt gesehen, dass die Spieler an Erfahrung gewonnen haben. Wie es jedoch in der Mannschaft ausschaut, kann ich erst beurteilen, wenn ich wieder dabei bin."

Sie haben sich zuletzt des Öfteren für die Art und Weise, nicht aber für den Inhalt Ihrer Kritik entschuldigt. Stehen Sie nach wie vor dazu?

"Für mich ist das abgeschlossen. Ich habe mich zu diesem Thema mit dem Teamchef ausgesprochen."

Hat die Kritik Ihrer Meinung nach etwas Positives bewirkt?

"Es hat sich im ÖFB auf jeden Fall etwas getan. Ob es meinetwegen war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist es positiv, dass es jetzt ein größeres Trainerteam gibt."

Liegt es Ihnen im Magen, dass Ihre im Februar gegen Deutschland geplante Rückkehr möglicherweise von einigen Spielern äußerst kritisch gesehen wird?

"Das belastet mich nicht. Ich weiß, dass es kein Problem geben wird."

Andreas Ivanschitz erwartet sich von Ihnen eine Rechtfertigung für Ihr Verhalten. Hat es schon ein Gespräch mit ihm gegeben?

"Bisher noch nicht, aber wenn ich wieder im Nationalteam bin, können wir darüber reden, wenn er will. Am Telefon ist das sowieso nicht besonders günstig." (APA)