Wien - Am ersten Tag im Prozess um die im September 2001 in Konkurs geschlitterte General-Partners-Finanzgruppe haben die ersten beiden einvernommenen Mitangeklagten Gerhard Diesner und Rudolf Petritsch den "führenden Kopf" der Gruppe, Wolfgang Kössner, für die von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegten Machinationen hauptverantwortlich gemacht. Kössner sei der "Stratege" der Gruppe gewesen, meinte Diesner. Auf Ersuchen von Kössner habe er mit den Geldern der Kunden SEZ Holding und Vittorio Fracca Aktien von US-Internetfirmen gekauft. Diese waren laut Anklageschrift wertlos.

Im General-Partners-Prozess, dem nunmehr zweiten laufenden Wirtschaftskriminalfall neben dem Bawag-Prozess, stehen seit Dienstag sechs Angeklagte vor Gericht. Staatsanwältin Gabriela Mucha wirft ihnen schweren gewerbsmäßigen Betrug und Untreue vor. Neben Wolfgang Kössner (38), finden sich unter den Angeklagten mit Anton Kollmann (50), Martin Kössner (42), dem Bruder von Wolfgang Kössner, Corina Chwala (44) und Gerhard Diesner (45) vier ehemalige Vorstandsmitglieder, sowie der Prokurist der General Commerce Bank (GCB), Rudolf Petritsch (41). Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Sechs Verhandlungstage

Das Schöffenverfahren wird von Richterin Bettina Neubauer geleitet. Vorerst sind sechs Verhandlungstage ausgeschrieben. Im Fall von Schuldsprüchen drohen den Angeklagten, die sämtliche Anschuldigungen zurückweisen, bis zu zehn Jahre Haft.

Mehr als sechs Jahre hat das gerichtliche Vorverfahren in Anspruch genommen. In der Anklageschrift ist nun von "schweren Betrügereien " die Rede. Wolfgang Kössner und Petritsch sollen Gelder von Großkunden veruntreut, der gesamte Vorstand zulasten mehrerer Banken sogenanntes Wertpapierrollen betrieben haben.

Die General Partners Beteiligungs AG (GP) fungierte als Holding, über die Immobilien-, Wertpapier-, Bank- und Beteiligungsgeschäfte abgewickelt wurden, wobei der General Commerce Bank (GCB) eine bedeutende Funktion zukam. Die GCB befasste sich auch mit Vermögensverwaltung.

Anzeige der Hypo Alpe Adria

Als in der Finanzgruppe Geld für einen Immobiliendeal benötigt wurden, "welches jedoch nicht vorhanden war und auch nicht im Kreditweg zu beschaffen war" (Anklageschrift), sollen Kössner und Petritsch die Mittel mit vereinbarungswidrigen Wertpapiergeschäften auf Kosten ihrer beiden Großkunden besorgt haben.

Der zweite von der Anklage umfasste Komplex fußt auf einer Anzeige der Hypo Alpe Adria Bank, in der erstmals der Verdacht geäußert worden war, die GP-Gruppe sei außerstande, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Es bestehe vielmehr der Verdacht, diese betreibe Wertpapierrollen. Die später von der Bank Austria übernommene Creditanstalt (CA) wurde der Anklage zufolge dadurch um fast 5,1 Mio. Euro geschädigt, die Raiffeisenbank Landskron-Gegendtal um annähernd zwei Mio. Euro, die Raiffeisenbank Horitschon und Umgebung um rund 340.000 Euro. (APA)