Berlin - Politiker regierenden deutschen Unionsparteien haben den Rücktritt des sozialdemokratischen Vizekanzlers und Arbeitsministers Franz Müntefering bedauert. Müntefering "war stets ein Eckpfeiler der Koalition", sagte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) am Dienstag in Wiesbaden. "Es ist jetzt Sache der SPD, die Nachfolge so zu regeln, dass die Regierung stabil ihre Arbeit fortsetzen kann", sagte er.

Der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein äußerte die "Sorge, dass sich der mit dem SPD-Parteitag eingeleitete Linksruck bei der SPD ohne Franz Müntefering in seinen bisherigen Funktionen noch weiter verfestigen und verstärken wird". Mit Müntefering verliere die Koalition aufseiten der SPD einen wichtigen Anker für Stabilität und Verlässlichkeit, so Beckstein.

Merkel: "Er stand für die Vernunft in der SPD"

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit Bedauern auf den Rückzug von Vizekanzler Franz Müntefering reagiert. In einer Sitzung der Unionsfraktion sagte sie am Dienstag nach Angaben von Teilnehmern: "Franz Müntefering war ein Stabilisator. Er stand für die Vernunft in der SPD. Er war ein politisches Schwergewicht, und ich habe gut mit ihm zusammengearbeitet." Merkel würdigte, dass der Arbeitsminister aus persönlichen Gründen seinen Posten aufgeben wolle.

"Ich bedauere es, wenn Franz Müntefering künftig nicht mehr an den Koalitionsrunden teilnimmt, denn er ist immer ein sehr verlässlicher Partner gewesen", sagte auch CSU-Chef Erwin Huber. Auch der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber erklärte, er habe Respekt vor den politischen und persönlichen Leistungen Münteferings. "Als traditioneller Sozialdemokrat hat er den Wandel der Zeit erfasst und trotz innerparteilicher Angriffe die Reformnotwendigkeit immer gesehen", sagte Stoiber.

Die FDP bezeichnete den Rücktritt Münteferings als "politisch konsequent". "Es werden noch weitere Minister folgen", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel am Dienstag in Berlin. "Bei allem Respekt vor familiären Gründen - dass dieser Rücktritt prompt nach dem Koalitionsdesaster der vergangenen Nacht erfolgt, zeigt, dass er auch politische Gründe hat", erklärte Niebel. Was Müntefering für richtig gehalten habe, den Mindestlohn, habe er nicht durchsetzen können, und was er für falsch erachtet habe, die längere Zahlung des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitnehmer, sollte er nun als Erfolg verkaufen, sagte der FDP-Politiker. Da sei der Rücktritt konsequent. (APA/AP/dpa/Reuters)