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Beck mit Stellvertretern: Andrea Nahles, Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück.

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So schnell kann es ernst werden. Am Montag gab der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem französischen Amtskollegen Bernard Kouchner in Berlin-Kreuzberg noch gut gelaunt ein gesangliches Duett zur Völkerverbindung zum Besten - nun soll er deutscher Vizekanzler werden und somit die neue SPD-Stütze im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel.

Dass die Wahl auf Steinmeier fällt, verwundert nicht. Er ist nicht nur der beliebteste SPD-Politiker in Deutschland, sondern bekam am Parteitag in Hamburg auch das mit Abstand beste Ergebnis bei der Wahl zum Stellvertreter von Parteichef Kurt Beck (85 Prozent). Außerdem kann Steinmeier dank seiner außenpolitischen Erfahrung zumindest auf diesem Feld mit Merkel mithalten - wenngleich er in den vergangenen Monaten ständig in ihrem Schatten stand.

Mit dem 51-jährigen Steinmeier verbinden Reformer in der SPD die Hoffnung, dass Schröders Kurs weitergeführt wird. Denn jahrelang hat "Franky-Boy" als Kanzleramtschef für Schröder "den Hausmeister gemacht" - wie es so mancher in Berlin süffisant formuliert. Schröder brachte Steinmeier aus seiner politischen Heimat Niedersachsen mit nach Berlin. Mittlerweile ist "Häuptling Silberhaupt" seinem Mentor Schröder in Gestik und Sprache so ähnlich, dass man oft meint, den Altkanzler vor sich zu haben.

Fall Kurnaz ist vergessen

Im Moment läuft es in Berlin für Steinmeier gut. Doch auch er hat schon stürmische Zeiten hinter sich, musste er sich doch vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestages im Fall Kurnaz rechtfertigen. Wochenlang stand er im Frühjahr unter Dauerbeschuss, weil die Opposition ihm vorwarf, er habe während der rot-grünen Jahre nicht genug für die Befreiung des in Guantánamo einsitzenden Bremer Türken Murat Kurnaz getan. Doch Steinmeier konnte kein schwerwiegendes Fehlverhalten nachgewiesen werden.

Vielen in der SPD gilt Steinmeier als der logische Kanzlerkandidat für 2009. Mit ihm könne man mehr erreichen als mit dem "bräsigen" Beck, sagen sie. Doch vergessen wird gelegentlich, dass sich Steinmeier innenpolitisch noch nie bewähren musste. Er hat seine Positionen immer von anderen erhalten und musste sich noch keiner Wahl stellen. Er hat kaum politische Hausmacht in der SPD - aber nun immerhin einen Wahlkreis in Brandenburg. Dort hatte im 19. Jahrhundert auch Reichskanzler Otto von Bismarck seine politische Arbeit begonnen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.11.2007)