Ansichtssache: Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Anlässlich der Aussage des Ex-Personalchefs der Bawag bekam man Einblick in die Verträge der Vorstände, sie widersprachen dem Aktiengesetz. Unterschrieben haben die Top-Manager trotzdem.

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Wien - Der 51. Tag des Bawag-Prozesses bot, in Person des ehemaligen Personalchefs, des Zeugen Johann Gaber, etwas für Feinspitze. Gaber, der zur Pensionsabfertigung Helmut Elsners befragt wurde, erläuterte dem Gericht und dem Publikum (es sind nur noch Hardcore-Interessierte da) die Dienstverträge der Bawag-Vorstandsmitglieder. Der Blick ins Allerheiligste des Vorstands offenbart, dass die Verträge bis 2001 recht Pikantes bargen - nämlich eine Passage, die ganz eindeutig dem Aktienrecht widerspricht. Die Vorstandsdirektoren haben sie trotzdem unterschrieben.

Flöttls Vertragsschablonen

Laut dieser Vertragspassage muss "der Dienstnehmer die Aufträge des Generaldirektors im Rahmen von dessen Geschäftsführungsagenden ausführen" und unterläge demnach dem Weisungsrecht des Vorstandsvorsitzenden; was freilich nicht gesetzeskonform ist und daher auch nicht gilt. Laut Gaber "war das eine Vertragsschablone, die schon bei meinem Eintritt in die Bank 1984 bestand, Herr Generaldirektor Flöttl hat großen Wert darauf gelegt". Zur Erinnerung: Walter Flöttl ist der Vater des glücklosen Investors Wolfgang F. und hat in den späten 1980er-Jahren die Karibikgeschäfte mit ihm gestartet.

Dass das "mit dem Aktiengesetz nicht vereinbar ist" habe man "in der Bank diskutiert, wir waren uns der Problematik bewusst", sagte der Personalist, der seit heuer in Vorruhestand ist. Die Frage, ob auch Helmut Elsner (er war ab 1978 im Vorstand, ab 1995 dessen Vorsitzender) in diese Diskussion eingebunden war, bewirkte eine heftige Wortmeldung desselben. Er habe ja 1978 selbst so einen Vertrag erhalten, die gleichen Fragen gestellt und auch einen Anwalt konsultiert, sagte Elsner, er habe den Vertrag, auf dessen Textierung "das Präsidium des Aufsichtsrats bestanden hat", dann aber "akzeptiert".

Auf die Frage von Staatsanwalt Georg Krakow, warum Elsner 1995, als er selbst Chef wurde, den Mangel nicht beheben ließ, reagierte Elsner recht grantig: "Das ist nicht Sache des Vorstands. Ich habe das thematisiert, aber der damalige Aufsichtsratspräsident Herbert Tumpel sagte 'Wir ändern nichts'." Das bestätigte auch Zeuge Gaber. 2001 wurden die Verträge dann gesetzeskonform formuliert, und zwar anlässlich des Kaufs der PSK und der Vereinheitlichung aller Verträge.

Der heutige Arbeiterkammer-Chef Tumpel hat diese Darstellungen bereits angesichts eines Medienberichts im Sommer 2006 dementiert, "natürlich sind Vorstände weisungsfrei", die Formulierung mit den Aufträgen habe sich auf die "interne Kompetenzverteilung" bezogen. Wie auch immer: Alle Bankchefs haben die "seltsamen Verträge" (Krakow) widerspruchslos unterschrieben, "unser Vertrag hat dem Führungsstil entsprochen, wir wurden auch als Dienstnehmer bezeichnet, das Angestelltengesetz galt subsidiär, das alles hat der Eigentümer so gewollt", stellte Hubert Kreuch sich und seine Kollegen in dem Fall auf eine Stufe mit den Untergebenen. Die Pensionsabfindung für Elsner konnte Zeuge Gaber übrigens nicht sehr erhellen - er war nur am Rande involviert.

Zuvor hatte einmal mehr ein Aufseher Zeugnis abgelegt, und zwar Josef Mantler, 24 Jahre lang Staatskommissär in der Bawag. Er wurde ausführlich befragt, über Details zeigte er sich wenig informiert. Den ersten Prüfbericht der Notenbank (zu den ersten Flöttl-Geschäften, in denen Mantler "Investments in Anleihen" sah) hat er nie gelesen, die Aufsichtsratsprotokolle, "die ich ans Ministerium weitergab" auch nicht.

An die Aufsichtsratssitzung zur Pensionsabfindung konnte sich der Beamte erinnern, "es war eine kurze Debatte, weil ja die Bawag eine ganz tolle Entwicklung unter Elsner genommen hat, in Würdigung dieser Verdienste war man durchaus bereit, dem Ansinnen zuzustimmen."

Ob er "mit dem Wissen von heute" auch noch von "wirtschaftlicher Prosperität" spreche? Mantler: "Diese ungünstigen Fälle (Kredite an Flöttl; Anm.) waren ursprünglich gut gemeint. Aber natürlich war es eine Katastrophe, dass man nach Auftreten der Verluste wie ein Roulettespieler immer weitergewurstelt hat". (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.11.2007)