STANDARD: Was kann die Wissenschaft tun, um die hohe Verletzungsgefahr auf der Piste zu reduzieren?
Nachbauer: Bezogen auf die Zahl der aktiven Skifahrer - zehn Millionen fahren jedes Jahr in Österreich - gibt es in anderen Sportarten viel mehr Verletzungen. Dennoch nehmen Knieverletzungen zu. Da man Unfallsituationen nicht mit realen Personen nachstellen kann, haben wir ein Simulationsprogramm entwickelt, um Verletzungsmechanismen auf dem Computer nachzustellen und nach Möglichkeiten zu suchen, sie zu vermeiden.
STANDARD: Mit welchen Methoden werden Verletzungen nachgestellt?
Nachbauer: Wir haben ein Instrumentarium entwickelt, um mechanische Größen beim Skifahrer zu bestimmen: Sensoren messen Druckverteilung, Knie- und Sprunggelenkswinkel, und mit einem speziellen GPS-System, das im Helm untergebracht ist, können Geschwindigkeit und Schwungradius sehr exakt aufgezeichnet werden.
Im Computer werden dann Ski, Schnee und Mensch modelliert. Realistische Schwünge und gängige Verletzungen können so simuliert werden. Dann analysieren wir, welche Kräfte dabei auftreten und welche Auswirkungen z. B. eine Veränderung von Radius, Schneeart oder Härte des Schuhs haben.
STANDARD: Wie wirkt sich der Einsatz von Kunstschnee auf die Unfallstatistik aus?
Nachbauer: Kunstschnee wirkt sich auf die Fahrtechnik aus, da er sehr dicht ist. Aber auch die Pistenpräparation, die sich in den letzten Jahren stark verbessert hat, muss berücksichtigt werden. Es ist aber schwierig, eine Aussage über den direkten Einfluss von Kunstschnee auf die Verletzungsgefahr zu machen. Die Statistiken zeigen, dass insgesamt die Verletzungen in den letzten Jahren weniger wurden. Es ist auch nicht belegt, dass sie schwerer werden.
STANDARD: Inwieweit fließen die Ergebnisse der Forschung tatsächlich in die Produkte ein?
Nachbauer: Wir haben über mehrere Jahre eine elektronische Bindung entwickelt, da die mechanische Bindung das Knie nicht wirklich schützt. Die elektronische Bindung wird automatisch gelöst, wenn bestimmte Kraftwerte überschritten werden. Diese hat sich aber aus Kostengründen bisher nicht durchgesetzt.