Seine Karriere begann 1945, mitten in den Aufbruchsjahren des Bebop, in einer Zeit, als viele der heute aktiven Jazzer noch nicht einmal geboren waren. Folglich hat Roy Haynes noch selbst mit all jenen Granden gespielt, die heute mitunter mythisch entrückt scheinen: Lester Young, Charlie Parker, Bud Powell, Eric Dolphy. Zudem war Haynes der bevorzugte Schlagzeug-Substitut im berühmten John-Coltrane-Quartett der frühen 60er, später tauschte er u. a. mit Chick Corea Klänge aus. Mittlerweile 82 Jahre alt, tourt Roy Haynes heute als lebendes und sogar hochvitales Jazz-Denkmal durch die Lande.

Seine Sidemen Jaleel Shaw (Saxofon), Martin Bejerano (Piano) und David Wong (Bass), die man altersmäßig locker als seine Enkel durchgehen lassen könnte, sollten der wohl ohne alle Kunstgriffe durchgehaltenen formalen Thema-Solo-Solo-Thema-Dramaturgie individuelle Ecken und Kanten zu verpassen wissen.

Der Boss am Bass

Am 6. August hat Charlie Haden seinen 70. Geburtstag gefeiert. Bekannt wurde der Bassist im berühmten Quartett Ornette Colemans Ende der 50er-Jahre, in dem er den Bass in erfindungsreichen Linien als kontrapunktischen Dialogpartner der Solisten emanzipierte. Als einer der wenigen Meister seines Instruments trat Haden auch als Bandleader hervor: Etwa mit dem 1969 gegründeten Liberation Music Orchestra oder im Duo mit Partnern wie Gonzalo Rubalcaba und Pat Metheny.

Oder eben im 1987 gegründeten, mit Ernie Watts (Saxofon), Alan Broadbent (Klavier) und Larance Marable (Schlagzeug) besetzten Quartet West: Selbiges ist dank des hörerfreundlichen, an die Musiken des Film noir erinnernden Konzepts zu Hadens erfolgreichstem Unternehmen mutiert.

(felb, DER STANDARD/Printausgabe, 14.11.2007)