"Die Basis rebelliert", titelte die linke Tageszeitung "Libération". Den Eisenbahnern gingen die Zugeständnisse zu weit, welche die Gewerkschaftsbosse an die Regierung gemacht hatten. Mehrere Gewerkschaftsführer zeigten sich in den vergangenen Tagen zu Verhandlungen von Staatsbetrieb zu Staatsbetrieb bereit, wenn dabei Regierungsvertreter mit am Tisch sitzen. Bis dahin hatten die Gewerkschaften umfassende Gespräche für alle betroffenen Branchen zusammen verlangt.
Streik droht in die nächste Woche zu gehen
Arbeitsminister Xavier Bertrand verurteilte den Versuch von Streikposten, arbeitswillige Bahnmitarbeiter an der Arbeit zu hindern. Die Regierung werde erst dann an Verhandlungen teilnehmen, wenn die Gewerkschaften zum Ende des Streiks aufriefen, sagte Bertrand. Sieben der acht französischen Eisenbahnergewerkschaften riefen aber dazu auf, den Ausstand um 24 Stunden bis Samstag zu verlängern. Der Streik drohte damit in die kommende Woche zu gehen, in der auch die Lehrer und Beamten aus Protest gegen Stellenstreichungen im Öffentlichen Dienst ihre Arbeit niederlegen.
Zusätzlich tausend Busse
Bei der Staatsbahn SNCF fuhren auch am Freitag nur jeder dritte Hochgeschwindigkeitszug und die Hälfte der Regionalzüge. Von den Pendlerbahnen im Großraum Paris standen etwa zwei Drittel still. In der Pariser Innenstadt entspannte sich die Lage leicht, nicht zuletzt weil die Verkehrsbetriebe zusätzlich tausend Busse für den Schienenersatzverkehr einsetzten. Von den regulären Bussen fuhr nur etwa jeder dritte. Für Samstag kündigten die Verkehrsbetriebe RATP erneut starke Störungen an.
Auch Reisende aus Österreich betroffen
Der Streik betrifft auch Reisende aus Österreich. Die einzige Direktverbindung zwischen Österreich und Frankreich führt von und nach Straßburg. Züge in die elsässische Hauptstadt verkehren laut ÖBB nur bis Karlsruhe. Zwischen Karlsruhe und Kehl sind Ersatzzüge im Einsatz, zwischen Kehl und Straßburg gibt es einen Busverkehr.
Im Großraum Paris entstand in der Früh rund 250 Kilometer Stau, weil viele Berufstätige mit dem Auto zur Arbeit fuhren. Am Pariser Pendlerbahnhof Saint Lazare verhinderten Streikende, dass Ersatzzüge die Depots verließen. Einige Eisenbahner stellten sich auf die Gleise und zündeten Kracher und Rauchbomben. Während bei der SNCF am Mittwoch noch zwei von drei Beschäftigten in Ausstand getreten waren und am Donnerstag knapp die Hälfte der Mitarbeiter, streikte am Freitag nur noch jeder dritte Bahnbeschäftigte.