Darmstadt - Der europäische Kometenjäger "Rosetta" hat ein kritisches Manöver erfolgreich absolviert: Die Sonde näherte sich am Dienstag um 21.57 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 45.000 Kilometern pro Stunde der Erde auf 5.300 Kilometer - genauer gesagt einem Punkt auf der Erdoberfläche, der südwestlich von Chile liegt. Skurrile Randnotiz: Beim "Minor Planet Center" hatte die von US-Astronomen beobachtete Annäherung kurzfristig Alarm ausgelöst, dass sich möglicherweise ein Asteroid der Erde annähere, wie der "New Scientist" berichtete. "Rosetta" - vorübergehend unter der Bezeichnung "2007 VN84" in den astronomischen Katalog eingegangen - wurde allerdings noch rechtzeitig von einem russischen Astronomen identifiziert, ehe eine entsprechende Erklärung an die Öffentlichkeit abgegeben wurde.

Sinn des Manövers war es Schwung für den Weiterflug zu sammeln: "Durch das Manöver beschleunigt die Sonde um rund 10.000 Kilometer pro Stunde auf 126.000 Kilometer pro Stunde relativ zur Sonne", sagte Andrea Accomazzo, Leiter der Mission im Europäischen Satellitenkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt. Dabei nutzten die Wissenschaftler das Gravitationsfeld der Erde auch, um die Flugbahn des Kometenjägers zu verändern.

"Verfolgung"

Skurrile Randnotiz Nummer Zwei: Am Donnerstag wurde bekannt, dass die Sonde auf ihrer Reise durchs All monatelang selbst "gejagt" worden ist. "Mindestens seit der Annäherung an den Mars im Februar bewegte sich ein Asteroid zufällig auf einer sehr ähnlichen Flugbahn wie Rosetta, so dass es aussieht, als ob er unsere Raumsonde verfolgt hätte", sagte der Verantwortliche für wissenschaftliche Missionen bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, Gerhard Schwehm. Seither seien die beiden Körper etwa 70 Millionen Kilometer weit hintereinander durchs All geflogen.

Das bisher unbekannte Objekt mit schätzungsweise fünf bis zehn Metern Durchmesser habe sich der etwas größeren Sonde in den vergangenen Monaten auf zuletzt einen Tag angenähert. Der unbekannte Asteroid, vermutlich aus Stein, fliege schneller als Rosetta, die Gefahr eines Zusammenstoßes bestehe aber nicht. "Die beiden gehen jetzt getrennte Wege. Durch die Gravitation beim Erdvorbeiflug sind wir das Ding losgeworden", so Schwehm, der zudem betonte: "Es ist wirklich ein Zufall, dass zwei Objekte auf sehr ähnlichen Bahnen fliegen."

Die Mission

Die drei Tonnen schwere Sonde der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) war im März 2004 gestartet. Sie soll den 480 Millionen Kilometer entfernten Kometen Tschurjumow-Gerasimenko 2014 erreichen und ihm dann im Parallelflug auf seinem Weg in Richtung des inneren Sonnensystems folgen.

Von der Mission, bei der erstmals ein Landegerät auf einem Kometen ausgesetzt wird, erhoffen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse über die Anfänge des Planetensystems. Außerdem untersuchen sie, welche Rolle Kometeneinschläge bei der Entstehung des Lebens auf der Erde gespielt haben. Kometen gelten als kosmische Archive, da sich die fliegenden Berge aus Eis, Stein und Staub im Gegensatz zu den Planeten seit 4,6 Milliarden Jahren nicht verändert haben. (APA/dpa/red)