Wien - Je nach parteipolitischer Couleur und Funktion unterschiedliche Stellungnahmen gab es am Mittwoch zu den Plänen der MedUni-Wien, am Department für Gerichtsmedizin mit 1. Jänner 2008 die Obduktionen generell einzustellen. Vor allem stritten die Politiker darüber, ob nun das Wissenschaftsressort unter Johannes Hahn (ÖVP) oder die Gemeinde Wien für die Situation verantwortlich wäre.

"Wir haben bisher pro Jahr rund 2.000 Obduktionen gehabt. Ab dem 1. September hat die Stadt Wien drei Viertel davon abgezogen. Es verbleiben bei uns nur noch die gerichtlich beauftragten Obduktionen, also um die 450.

Zu hohe Kosten

Von der Stadt Wien haben wir für den Betrieb pro Jahr rund 250.000 Euro bekommen. Für eine gerichtlich beauftragte Obduktion haben wir 560 Euro Kostenersatz verrechnet", erklärte Wolfgang Schütz. Was noch hinzukommt: Der Ministerrat hat vergangene Woche eine neue Gebührenordnung für die sanitätsbehördlichen Obduktionen mit einem Kostenersatz von 130 Euro pro Fall verabschiedet. Das würde die Finanzsituation der Wiener Gerichtsmedizin noch mehr verschärfen. Der Obduktionsbetrieb ginge sich so nicht mehr aus.

"Skandal" für Universitätsstadt

Als "Skandal" für eine Universitätsstadt wie Wien wertete der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Walter Dorner, die geplante Teilsperre der Gerichtsmedizin. In einer Aussendung am Mittwoch sprach Dorner von einem "gesundheitspolitischen Armutszeugnis". Das Wissenschaftsministerium sei gefordert, die notwendigen Ressourcen bereitzustellen, statt dem "universitären Trauerspiel" zuzusehen. "Wenn es nicht mehr möglich ist, wichtige medizinische Untersuchungen durchzuführen, nur weil sie keinen oder wenig Gewinn werfen oder nicht der Drittmittelforschung unterliegen, dann ist das eine Bankrotterklärung der Spitzenmedizin", warnte der ÖÄK-Präsident.

Die Gerichtsmedizin erfülle eine Reihe von Funktionen, erklärte die Vorsitzende des Wiener Gesundheitsausschusses, Marianne Klicka (SPÖ). Die Gerichtsmedizin liege aber nicht im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der Stadt, sondern des Bundes. "Der zuständige Wissenschaftsminister Hahn ist eindringlich aufgefordert, seine Verantwortung wahrzunehmen und die für eine funktionierende Gerichtsmedizin notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Gerichtsmedizin darf nicht zu Tode gespart werden!"

"Die Einstellung aller Obduktionen an Institut für Gerichtsmedizin der Universität Wien erfüllt mich mit großer Sorge", erklärte der Gesundheits- und Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald. Er registriere zwar - wie der amtierende Rektor - die finanzielle Notlage der Universität, die sich durch nicht kostendeckende Zahlungen von Gemeinde Wien und Justiz für gerichtsmedizinische Obduktionen ergebe, die Folgen könnten jedoch prekär sein.

Ähnlich äußerte sich die Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen, Sigrid Pilz: "Die Qualitätssicherung in der Medizin darf mit dem Ableben der Patientinnen und Patienten nicht beendet sein, daher ist es nicht nachvollziehbar, warum die Gemeinde Wien künftig nicht mehr auf die fachliche Kompetenz der Medizinischen Universität zurückgreifen will." - Womit der "Ball" der Stadt Wien zugespielt wurde. (APA)