Telefoniert viel: Katharina Thalbach als Polizeidirektorin in "Deadline".

Foto: Sat.1/Hardy Spitz
In "Deadline" (20.15 Uhr, Sat.1) grantelt Katharina Thalbach als resolute Polizeidirektorin. Die Serie erinnert mit Splitscreens, tickender Uhr und Handymanie an "24". "Auch wieder geklaut" sagt sie dem STANDARD.

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STANDARD: Kennen Sie "24"?

Thalbach: Leider nicht, aber ich höre, es soll toll sein.

STANDARD: "Deadline" erinnert ein wenig daran – Splitscreens, tickende Uhr, es wird viel telefoniert...

Thalbach: Ah, also ist das auch wieder geklaut. Interessant.

STANDARD: Und "C.S.I."?

Thalbach: Sehe ich nicht so gerne, mich stören die schnellen Schnitte. Ich liebe Musikvideos, im Film schaue ich aber dann doch gerne etwas länger zu. Außerdem sieht immer alles so gleich aus.

STANDARD: In "Deadline" spielen Sie die Polizeidirektorin, einen alten Drachen, der die jungen Ermittler behindert, sich ständig in seinen Entscheidungen irrt und obendrein medikamentensüchtig ist. Was hat Sie an der Rolle interessiert?

Thalbach: Für die Rolle war eigentlich Katja Riemann vorgesehen. Die haben sich aber überworfen, und so haben sie mich gefragt. Diese Chefin umgibt ein Geheimnis, das ich nicht lüften will, denn diese Medikamentensucht hat auch Ursachen. Hinzu kam, dass ich noch nie Serie gemacht habe. Als mir die Produzenten zusicherten, dass in Berlin gedreht wird und ich meine Haare nicht verändern muss, war die Sache gebongt.

STANDARD: Was ist bei TV-Serien anders?

Thalbach: Es ist Schwerstarbeit, weil wir in der kürzesten Zeit so viel Material reinknüppeln müssen. Aber ich muss sagen, das geschieht mit großer Qualität.

STANDARD: In diesem Team sind Sie aber der Störfaktor. Warum kommt die Vertreterin des Alters so schlecht weg?

Thalbach: Ich finde nicht, dass sie so schlecht wegkommt. Meine Franziska Friedmann geht gerne ins Theater und zitiert gern große Schriftsteller. Ich habe sie eigentlich ganz gern. Ich möchte sie zwar nicht 24 Stunden am Tag spielen, aber ab und zu besuche ich sie gern in ihrem Headquarter. Man darf nicht vergessen: Das ist eine Serie mit ganz bestimmten Stereotypen. Da gibt's den Superermittler, mit der Psychologin kommt die erotische Komponente dazu, und dann gibt es die schrullige Alte. Ich arbeite mich ganz langsam zur Miss Marple vor.

STANDARD: : Eine Perspektive?

Thalbach: Die ist leider schon wunderbar gespielt worden von Margaret Rutherford. Etwas in der Art wäre aber großartig. Entweder mit Vergnügen Verbrechen zu begehen, wie bei "Adel verpflichtet", oder sie im Alter aufzuklären.

STANDARD: Senta Berger versteht, dass es kaum gute weibliche Altersrollen im TV gibt. Sie meint, sie schaue lieber jungen Frauen zu.

Thalbach: Ich schaue gerne Sachen, die mich amüsieren. Altern finde ich eine interessante Sache durch die Erfahrungen. Noch zwickt und zwackt es nirgends. Mit 53 bin ich ja noch nicht ganz im Sarg.

STANDARD: Es steckt viel Ironie in der Polizeidirektorin. Dieses laute Gekeife ...

Thalbach: ... ist mir auch eigen. Die Chefin scheißt ihre Leute zusammen, hat sie aber gern. Die große Klappe kenne ich gut von Theaterintendanten.

STANDARD: Theaterintendanten sind wie Polizeidirektoren?

Thalbach: Das unterscheidet sich nicht viel, nein. Wir haben ja auch ganz viele Täter und Opfer im Theater. In jeder Produktion kristallisieren sich diese Typen heraus mit den "Meisen" von den Schauspielern oder den Regisseuren. Da alles zusammenzuhalten ist genauso schwierig wie einen Mord aufzuklären.

STANDARD: Zum Schluss: Jüngsten Umfragen zufolge will jeder fünfte Deutsche die Mauer wieder zurück. Ist das zu fassen?

Thalbach: Bei Umfragen geht's mir wie mit Quoten: Ich halte nichts davon. Ich fürchte allerdings, von denen, die mit abgestimmt haben, sind die meisten Westler. Ich finde das albern. Hätten die Trojaner das Pferd nicht hineingelassen, hätten bei einer Abstimmung sicher auch viele gemeint: Das hätten wir so lieber nicht gemacht. Darüber redet in 14 Tagen niemand mehr. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 15.11.2007)