Wien – Wird der Begriff "Remix" in der Populärkultur heute schon inflationär verwendet, so taucht er in der komponierten Neuen Musik so gut wie nie auf. Zu groß scheint die Angst, Bestehendes zu wiederholen oder sich dem Vorwurf ausgesetzt zu wissen, zu kopieren. Dass gerade Georg Friedrich Haas, der Schöpfer oft fragiler mikrotonaler Klangwelten, ein Stück nicht nur "Remix" betitelt, sondern sich dabei in Klangmaterial und Struktur selbst beraubt, mag verwundern. Die Virtuosität und Leichtigkeit, mit der Haas seine Klangsprache bzw. dessen Syntax neu zusammensetzt, ist von einem Aufwärmen von ausgebluteten Versatzstücken jedoch weit entfernt.

Das Ergebnis, umgesetzt vom Klangforum Wien, ist eine diesseitige, toccatenhafte Tour de Force. Mäanderhafte Strukturen verdichten sich zu einer Art musikalischer Schlangengrube, aus der gegen Ende Klänge enormer Masse und Konzentration hervorschnellen. "The book of serenity", also ein Buch der Heiterkeit, Gelassenheit oder Klarheit nennt sich Klaus Langs siebenteiliger "Versuch, gemäß Haydns Gestik ein Allegro zu schreiben". Der Erste-Bank-Kompositionsauftrag, der ebenso wie Haas’ Werk im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses uraufgeführt wurde, ist freilich alles andere als eine Ausgrabung einer historischen Klangsprache; und das, obwohl die fallenden Terzen zu Beginn durchaus tonale Welten assoziieren.

Lang schafft durch feine rhythmische und harmonische Verästelungen ein zartes, äußerst fein gewebtes Klanggeflecht, eine schillernde und körperlos schwebende Wolke. Dramaturgische Komplexität bei hoher Klangdichte dagegen bei Michael Pelzels "... danses oniriques ..." für Kammerensemble mit zwei Klavieren im Sechsteltonabstand.

Seltsam statisch

Wie bei Haas arbeitet auch Pelzels Komposition mit Verdichtungen, bleibt in seinem Duktus trotz der ständigen Bewegung insgesamt jedoch zurückhaltender. Die Musik besitzt einen seltsam statischen Charakter, ein labiles Gleichgewicht, das jederzeit umstürzen kann und das sich am Ende auch entlädt. Bei allen Stücken übrigens großer Applaus. Lese-Tipp zur Musik: Bei Wien Modern wurde auch das Buch Der Wert des Schöpferischen (Autor: Standard-Musikkritiker Daniel Ender; Sonderzahl Verlag) präsentiert, in dem es um Werkporträts geht und das auch die aktuelle Uraufführung von Klaus Lang thematisiert. (Robert Spoula / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.11.2007)