Bild nicht mehr verfügbar.

Je mehr verhandelt wird, umso besser: Syrien muss in die Gespräche eingebunden werden, sagt der frühere israelische Justizminister Yossi Beilin.

Foto: REUTERS/Loay Abu Haykel
STANDARD: Israelis und Palästinenser streiten im Vorfeld des Treffens in Annapolis über ein Rahmenabkommen. Wenn Sie Premierminister wären, würden Sie eine Vereinbarung unterzeichnen?

Beilin: Ich bin mir nicht sicher, ob wir dafür bis zur Konferenz Ende November noch genug Zeit haben. Aber es ist die richtige Taktik, im Vorhinein eine umfassende Vereinbarung zu schließen. Die Zeit hilft aber nicht jenen, die Frieden wollen. Aber wir wissen heute, wie ein Abkommen aussehen müsste. Es ist nicht mehr so eine große Sache wie vor zehn Jahren. Solange wir Mahmud Abbas und Salam Fayad (Salam Fayad ist palästinensischer Premier, Anm.) als Gesprächspartner haben und die USA bereit sind, uns zu helfen - was in den vergangenen sieben Jahren nicht der Fall war -, gibt es eine Chance auf Frieden.

STANDARD: Ist Israels Regierung derzeit überhaupt stark genug, um ein Abkommen abzuschließen? Das würde ja auch bedeuten, tausende Siedler aus dem Westjordanland zu evakuieren.

Beilin: Die israelische Regierung sieht die Chance. Premier Ehud Olmert hat aber zu viel Angst, seine rechtsgerichteten Koalitionspartner zu verlieren, weswegen wir von einer Einigung noch weit entfernt sind. Gemäß den Umfragen gibt es aber in Israel eine große Mehrheit zugunsten eines Palästinenserstaates und eines Rückzugs aus dem Westjordanland. Olmert könnte also auf Widerstand innerhalb seiner eigenen Koalition stoßen. Aber innerhalb der Knesset würden von den 120 Abgeordneten etwa 70 jeden Friedensvertrag unterstützen, den er nach Hause mitnimmt.

STANDARD: Ist die Konferenz von den Amerikanern gut vorbereitet? Im Vorfeld des Oslo-Abkommens gab es mehr Pendeldiplomatie.

Beilin: Ich bin mir nicht sicher, ob sie gut vorbereitet ist, und fürchte, dass Sie recht haben. Wenn die Konferenz genauso schlecht vorbereitet wird wie die Camp-David-Verhandlungen im Jahr 2000, könnten die Gespräche scheitern. Und ein Scheitern würde uns alle zu viel kosten.

STANDARD: Wie wichtig ist es, dass die Nachbarstaaten - allen voran Syrien - in die Verhandlungen mit eingebunden werden?

Beilin: Es ist sehr wichtig, Syrien mit einzubinden. Und es ist ein Fehler, die Syrer nicht einzuladen. Je mehr kommen, desto besser. Es ist für die Palästinenser sehr wichtig, die Unterstützung der arabischen Liga zu haben. Denn sie sind nach der internen Aufspaltung in keiner sehr guten Lage. Sie können dazu gebracht werden, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, wenn die arabische Welt mit ihnen ist.

STANDARD: Wie kann ein Abkommen berücksichtigen, dass im Gazastreifen die Hamas herrscht, die ja nicht mitverhandelt?

Beilin: Israel muss zunächst ein Friedensabkommen mit der PLO schließen. Die PLO ist unser Gesprächspartner. Wenn wir eine Vereinbarung haben, muss die Umsetzung dann die Realitäten am Boden natürlich berücksichtigen. Meine Hoffnung ist, dass, wenn die Palästinenser im Gazastreifen einen klaren politischen Horizont sehen, sie auf ihre Einbindung in das Abkommen drängen werden. Entweder wird also die Hamas ihre Position ändern und sich der Fatah bei dieser Frage anschließen - oder die Öffentlichkeit wird die Hamas durch eine moderatere Gruppe ersetzen. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2007)