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Es sind die Lieder, nicht die Sängerin, sagt Colbie Caillat lächelnd zu ihrem Erfolg. Sie stellt damit eine seit den 60er Jahren geltende Regel im Musikgeschäft auf den Kopf, die ein damals jugendlicher Mick Jagger mit den Rolling Stones in dem Stück "The Singer, Not The Song" goss. Die 22-jährige Kalifornierin hat mit "Coco" (Universal) ein Debütalbum veröffentlicht, das "wie ein Tagebuch, wie eine Therapie" zu den Problemen des Erwachsenwerdens funktioniert. Ihren Durchbruch aber schaffte sie ohne Plattenvertrag in einer Art Schneeballsystem im Internet; über 36 Millionen Mal ist ihr Hit "Bubbly" inzwischen beim Musikportal MySpace abgerufen worden.

"Nun, vor gut anderthalb Jahren habe ich meine Lieder auf MySpace gestellt"

"Nun, vor gut anderthalb Jahren habe ich meine Lieder auf MySpace gestellt", erzählt Colbie. "Das hat ein Freund für mich gemacht; ich selbst wusste gar nicht, wie das geht. Es fing damit an, das Freunde meine Lieder ihren Webseiten hinzufügten und sie täglich mehr gespielt wurden." Der MySpace-Player zählt genau, wie oft ein auf die Profilseite gestelltes Lied aufgerufen wird. "Erst war es 20-, dann 50-mal am Tag. Dann wurden es hunderte, dann tausende und schließlich 50.000 Male täglich. Ich denke, wer immer auch meine Lieder seiner Seite hinzufügte, sorgte zugleich dafür, dass sie auch von seinen Freunden gehört wurden. So verbreiteten sie sich weiter."

"Ich denke, die Leute können sich mit den Songs identifizieren"

Ein Schneeballsystem also, bei dem eine völlig unbekannte Sängerin plötzlich weltweit gehört werden konnte: Kalifornien und Caillats Musik waren nur einen Mausklick entfernt. Die ebenso entspannten wie filigranen Lieder in der Tradition von Carole King über Joni Mitchell bis Norah Jones fanden buchstäblich selbst ihr Publikum. "Ich denke, die Leute können sich mit den Songs identifizieren - wie junge Mädchen, die dasselbe durchmachen wie ich", sagt Caillat. "Das Album handelt vom Erwachsenwerden - Liebesbeziehungen, Familienbeziehungen, Freunden, dem Überwinden von Ängsten und dem Umgang mit Gefahr."

Verankerung

Colbies Nachname ist in der Popgeschichte fest verankert: Ihr Vater Ken Caillat produzierte die Fleetwood-Mac-Alben "Rumours" und "Tusk". Mitglieder der legendären Band sind ihr von Kindesbeinen an bekannt. Ein Angebot ihres Vaters, Mick Fleetwood und Lindsey Buckingham als Gastmusiker für ihr Debüt zu gewinnen, lehnte sie aber ab: "Es war schon verlockend, weil die beiden fantastisch sind und einen fantastischen Sound hinzugefügt hätten. Aber ich wollte nicht, dass das Album für gut befunden wird, weil sie dabei sind. Ich wusste, dass ich das Potenzial habe, es allein zu schaffen. Ich hatte ja bereits die Reaktion meiner MySpace-Fans, wusste, wie sehr sie meine Lieder schätzen. Das hat mich darin bestärkt, niemanden um Hilfe für dieses Album bitten zu müssen."

"Ja, ich weiß, was ich will, aber es fällt mir echt schwer"

Colbie ist ebenso selbstbewusst wie charmant - und sie weiß genau, was sie will und setzt sich damit auch durch. "Ja, ich weiß, was ich will, aber es fällt mir echt schwer, Entscheidungen zu treffen. Dafür brauche ich ewig", gesteht sie lächelnd. "Aber ich weiß, wie ich das Album-Cover haben wollte, ich wusste genau, wie es aussehen sollte. Ich schrieb den Ablauf für das Musikvideo, ich sagte dem Regisseur, welchen Stil ich haben wollte, einfach alles. Man muss schon an dem beteiligt sein, wofür man werben will. Andernfalls übernehmen andere Leute das Kommando, und man findet sich nicht mehr darin wieder."

Laid-Back"-Stil hat in hektischer Welt mit Potenzial

Caillats Musik atmet die entspannte Atmosphäre des Strandlebens in Kalifornien und auf Hawaii, und dieser auch von Jack Johnson gepflegte "Laid-Back"-Stil hat in einer hektischen Welt sicherlich Potenzial. Ihre Plattenfirma nennt sie gerne "Californian Girl" - und da schwingt die ganze von den Beach Boys ausgelöste Verehrung für Bikini-Mädchen am Strand mit. "Ich kann nicht wirklich surfen", lacht sie. "Ich habe es ein paarmal versucht, ich bin keine Surferin. Aber ich liebe es, am Strand, am Wasser zu sein." Jack Johnson hat sie da noch nicht getroffen. "Aber unsere Musik hat denselben entspannten, sorglosen Strand-Vibe." (Uwe Käding/AP)