Oppositionsparteien, die sich seit längerem nicht durch besonderen Einfallsreichtum auszeichnen, ist es endlich gelungen, mit dem Thema Politikereinkommen von den bescheidenen Eigenleistungen auf dem Felde der Politik abzulenken. Seit man diese Frage zu Kreiskys Zeiten mit der Besteuerung der Politikergehälter bei gleichzeitiger Erhöhung ein für allemal gelöst zu haben wähnte, versetzt sie in Schüben die Öffentlichkeit in Aufregung. Diesmal - und es wird garantiert nicht das letzte Mal sein - geht es um die Nebensächlichkeit der Nebeneinkommen von Mandataren. Der gläserne Abgeordnete wird gefordert, und nicht Neid soll angeblich die Triebfeder dieser Gier nach Transparenz sein, sondern der unvermittelt erwachte Wunsch zu erfahren, ob und in welchem pekuniären Ausmaß eine Volksvertreterin, ein Volksvertreter sich noch von anderen Interessen leiten lassen könnte als von den lupenreinen des Volkes an sich.

Man muss gar nichts gegen eine solche Offenlegung haben, um die Dringlichkeit, mit der sie nun aufs Tapet gebracht wird - milde ausgedrückt -, überzogen zu finden: Als gäbe es nicht heißere Gegenstände. Es gibt gute Gründe dafür, dass keineswegs überbezahlte Abgeordnete aus ihren Berufen nicht ausscheiden. Im Hohen Haus herauszufinden, welchen daraus erfließenden Interessen sie neben den Wonnen eines keimfreien Parlamentarismus noch verpflichtet sein könnten, ist seit langem kinderleicht: Es handelt sich überwiegend um angestellte Funktionäre diverser Kammern, Parteien und Gewerkschaften sowie öffentlich Bediensteten verschiedener Sparten, deren Einkommen kaum Überraschungen bieten.

Metapher Volksvertretung

Unter ihnen einen Hackler zu finden, den eine nun angepeilte Regelung vor die Alternative stellen könnte, entweder seinen Eid auf die Verfassung zu brechen oder doch lieber die Unsummen anzugeben, die er fern vom Rostrum als Pfuscher einstreift, wird nicht gelingen - man darf die Metapher Volksvertretung für das Parlament nicht allzu ernst nehmen. Und sollte jemand wissen wollen, wie viel der kostbaren Abgeordnetenzeit neben dem Job noch für das Volk bleibt, lässt sich das heutzutage zwischen Interessent und Vertreter leicht per Internet klären.

Dennoch traf es die Großparteien wieder einmal auf dem falschen Fuß. Befürworter und Gegner in beiden Lagern, es litt nicht nur die Vernunft, sondern erstmals auch die Autorität des ÖVP-Klubobmannes. Ein SPÖ-Mandatar wollte gar alle Bereiche des öffentlichen Lebens mit Demokratie nicht durch-, nein überfluten und forderte Offenlegung der Einkommen aller Bürger. Warum nicht gleich EU-weit? Immerhin wären dann endlich einmal die Einkommen der Manager offengelegt - ein echter Bedarf!

Politische Innovation

Über all diesem Lärm um wenig sollte die wahre politische Innovation nicht untergehen, mit der sich der ÖVP-Obmann unter der Mimikry des Vizekanzlers der Lehrerschaft brieflich als pädagogischer Schutzengel empfahl. Jetzt wartet man darauf, dass er seinen Weg als Literat konsequent weitergeht. Ohne jeden Missethon wäre noch ein Brief an die lieben Schülerinnen und Schüler fällig, in dem er diesen den Rücken gegen eine neuerungssüchtige Bildungsministerin stärkt. Mit Gefühl: Ich weiß, wie sehr Euch die Liesl Gehrer fehlt, die sich wie eine wahre Mutti zwischen Euch und Pisa geworfen hat. Die konnte noch Volkslieder singen, statt Unruhe in ein bewährtes System zu bringen. Eine Prise Beileid: Allein die Vorstellung, nicht mehr sitzenbleiben zu dürfen, muss Euch jeden Spaß an einer Schule ohne Auslese trüben. Hinweis auf düstere Zukunft: Wo anders kann solche Gleichmacherei enden, als in Zwangsnachhilfe für alle beim Gusenbauer! Und am Schluss unbedingt erinnern: Wählen mit 16 - aber richtig! (DER STANDARD, Printausgabe 16.11.2007)