Sie kämpfen im Gegensatz zu den viel gescholtenen Kapitalisten nicht mit offenem Visier, sondern feuern ihre Giftpfeile aus dem Versteck ab. Und wenn ihnen jemand auf die Schliche kommt, werden die vernünftigsten Gründe für den Angriff auf die Brieftaschen der Bürger ins Treffen geführt. Die öffentliche Hand weiß ja, was gut fürs Volk ist.
Wie sehr Bund, Länder und Gemeinden die Leute ausnehmen, zeigt der am Donnerstag veröffentlichte Bericht über die Entwicklung der Wohnkosten, die seit 1995 doppelt so stark wie die allgemeine Teuerung gestiegen sind. Die einzelnen Ingredienzien dieses Preis-Cocktails muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. So legten die Abwasser-Gebühren in Österreich in den letzten 12 Jahren um 40 Prozent, jene der Müllabfuhr sogar um 55 Prozent zu.
Es ist schon putzig, wie sich die Republik mit einem anachronistischen Mietgesetz als Beschützer der kleinen Leute geriert und postwendend die angeblichen Segnungen der Preisregelung einsackt. Mit einem hübschen Aufschlag, versteht sich.
Dabei sind die Anhebungen der Gebühren im Wohnbereich noch bescheiden, wie die kürzlich erfolgte Verteuerung der Parkgebühren in der Bundeshauptstadt um satte 50 Prozent zeigt. Man stelle sich vor, der Wirt ums Eck verteuerte das Schnitzel von 10 auf 15 Euro: Das Gasthaus müsste mit einem Exodus der Stammgäste rechnen. Das sozialdemokratische Wien kann es sich leisten, wo soll man sein Auto auch entsorgen?
Die Inflationstabelle zeigt einige weitere nette Beispiele, die nicht unbedingt die Erwartungen erfüllen. Ist das Gejammere über gestiegene Lebensmittel-, Benzin- oder Strompreise landauf, landab am lautesten zu vernehmen, sorgt in Wahrheit die öffentliche Hand für die größten Sprünge. Ob öffentliche Kindergärten, Kanalgebühren, Müllentsorgung oder Nachmittagsbetreuung – mit diesem Tempo können die privaten Anbieter nicht mithalten.
Nicht zu vergessen die indirekten Beiträge zur Teuerung. In den letzten Jahren gab es kräftige Anhebungen bei der Mineralölsteuer, der Energieabgabe oder der motorbezogenen Versicherungssteuer. Ermuntert wurde das Inkasso durch das Modewort der Ökologisierung des Steuersystems. Praktisch alle namhaften Experten befürworten den Trend, fordern im Gegenzug aber eine allgemeine Entlastung, insbesondere bei den Lohnnebenkosten.
Während erstere Empfehlung dankend umgesetzt wird, scheint man auf die Weitergabe der Mehreinnahmen vergessen zu haben. Mehr noch: Die zarten Entlastungen der Jahre 2000 und 2005 haben nicht einmal die von der kalten Progression verursachten Verluste der Steuerzahler kompensiert.
Doch zurück zu den Gebühren, die vor allem die Gemeindebudgets auffetten. Statt des ökologischen Mäntelchens dient hier die Mär von der Bürgernähe als schlagkräftiges Argument. Die lokalen Behörden und Einrichtungen würden mit den Anliegen der Leute am besten fertig, die wachsenden Aufgaben erforderten eben eine Gegenfinanzierung.
Interessant dabei ist, dass es immer nur neue Herausforderungen gibt, alte aber nie wegfallen. Wie wäre es mit einer Durchforstung der Tätigkeiten in den Kommunen? Und mit einer Evaluierung, ob vergleichbare Leistungen nicht effizienter privat erbracht werden können? Doch das Killerargument, dass Liberalisierung oder Privatisierung nur zur Ausbeutung der Bevölkerung führen, zieht offenbar immer noch recht gut. Eine seriöse Diskussion darüber, dass Service und Preise bei Ausschreibungen vorweg festgelegt und später kontrolliert werden können, wird lieber gleich im Keim erstickt. Sonst müsste man nämlich unterbeschäftigtes Personal abbauen und verlöre auch noch komfortable Versorgungsstätten für Parteifreunde.
So darf getrost damit gerechnet werden, dass die öffentliche Hand dem Land weiterhin die Preissteigerung verordnet. Hauptsache, die bösen Kapitalisten kommen nicht zum Zug. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2007)