Mit der Ausweitung der Flugsicherheitsbestimmungen hat sich auch der Tätigkeitsbereich der Sicherheitsfirmen vergrößert - bis hin zum Umpacken von Flüssigkeiten.

Foto: Andy Urban

Gepäckskontrolle am Flughafen Wien. An den Bildschirmen der Röntgenanlagen sitzen schon lange keine staatlichen Organe mehr.

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Das Geschäft der privaten Sicherheitsfirmen boomt auch in Österreich. Die Branche hat das "Nachtwächter-Image" abgelegt und dringt immer tiefer in einst ausschließlich staatlich besetzte Bereiche vor. Das birgt Chancen, aber auch Risiken.

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Das "Buona Sera" war zwar passend, kam aber völlig überraschend. Herr S. hatte gerade die Tiefkühlpizza fürs Abendessen ins Backrohr geschoben, als ihm daheim in Kärnten zwei Italiener ihre Aufwartung machten und ihn daran erinnerten, dass er in Bologna noch eine Geldstrafe wegen eines Verkehrsdeliktes offen- habe - 72 Euro. Überrumpelt, und weil er sich wegen der Quattro Stagione im Ofen nicht auf lange Diskussionen einlassen wollte, zahlte Herr S. prompt. Erst später fragte er sich, wie denn die Inkassoeintreiber zu seiner Adresse gekommen waren.

Weg vom Staat

Der Fall ist symptomatisch für die Unsicherheit im Umgang mit privaten Unternehmen, die mehr und mehr in klassische Bereiche von Polizei und Justiz vordringen. In den vergangenen Jahren haben sich die Rollen zwischen privat und Staat neu verteilt. Die EU-weite Verfolgung von Verkehrssündern ist nur die jüngste Regelung, von der auch nichtstaatliche Firmen profitieren.

Ab einer Strafe von 70 Euro müssen die heimischen Behörden die Forderung aus dem Ausland an den Zulassungsbesitzer weiterleiten. Und obwohl Inkassobüros in diesem Zusammenhang keinen rechtlichen Auftrag haben, tauchen immer wieder windige Geldeintreiber aus dem Ausland auf, die mit der Androhung von Exekution oder Strafverfahren Druck machen.

Seriöse Sicherheitsunternehmen lehnen derartige Praktiken freilich ab. Die Branche hat jahrelang gebraucht, um vom "Nachtwächter-Image" wegzukommen und ist nun wirtschaftlich gut aufgestellt. Die vier großen heimischen Player G4S, Österreichischer Wachdienst, Securitas und siwacht kamen im Vorjahr auf einen Gesamtumsatz von 163 Millionen Euro, eine Steigerung von sieben Prozent im Vergleich zu 2005.

Weltweit setzten private Sicherheitsfirmen im Vorjahr rund 55 Milliarden Dollar um, mehr als 2,5 Millionen Menschen rund um den Globus arbeiten in der Branche. In Österreich sind es immerhin rund 10.000.

In der Dienstleistungspalette finden sich auch in Österreich viele Bereiche, die noch vor einigen Jahren ausschließlich amtlich besetzt waren. Darunter etwa Notrufzentralen, Botschaftsbewachung, Fahrscheinkontrollen, Mautaufsicht, Gerichtskontrollen, Parkraumüberwachung, Zugbegleitungen und Verkehrsüberwachung.

Vor allem im Verkehrsbereich gibt es noch Wachstumsmöglichkeiten. In Mödling zum Beispiel betreibt Securitas elf digitale Siemens-Radar-anlagen. Die Daten werden regelmäßig über eine Schnittstelle direkt zur Bezirkshauptmannschaft geschickt, die dann die Verfahren einleitet. Eine Beteiligung an den Strafeinnahmen, wie das in anderen Städten der Fall ist, lehnt der Securitas-Geschäftsführer Martin Wiesinger ab. "Dann würde man uns vorwerfen, dass wir möglichst viele Autofahrer ,blitzen', um möglichst viel Geld zu verdienen."

Gerade Geschwindigkeitsmessungen seien aber ein gutes Beispiel, wie private Firmen die Polizei entlasten können. Wiesinger: "Um ein Radargerät zu bedienen, braucht man keine zweijährige Polizeiausbildung."

Hin zu privat

Lohnende Aufträge sind neben Security-Konzepten für Großkunden, wie etwa bei der EURO im Juni kommenden Jahres, auch Sicherheits-checks in Flughäfen. Die Vias, der Flughafen-eigene Sicherheitsdienst am Airport Vienna, beschäftigt allein 1000 Mitarbeiter. Zu den 75 Röntgenanlagen für Gepäcks- und Personenkontrollen kommen dutzende Sprengstoffdetektoren und sogar sieben Teams mit Sprengstoffspürhunden. Vor allem bei der Flughafensicherheit zeigt sich, wie eng Staat und privat bereits zusammenarbeiten. "Unsere Mitarbeiter werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ausgebildet", erklärt Harald Neumann, der Vorstand der Firma G4S, die unter anderem für die Kontrollen am Linzer Flughafen zuständig ist.

Je weiter sich private Anbieter in den sogenannten Kampf gegen den Terror hineinwagen, desto größer wird aber auch das Haftungsrisiko. Wer eine "kritische" Infrastruktur wie Flughäfen oder Kraftwerke bewacht, kommt in der geschäftlichen Kalkulation um den Worst Case nicht herum. Doch Terroranschläge sind nicht versicherbar. "Aufträge mit unlimitierter Haftung können nicht angenommen werden", sagt Wiesinger, den seine berufliche Laufbahn über Austrian Airlines und Lauda Air zu Securitas führte.

Die US-Regierung hat zur Lösung des Haftungsproblems schon im Jahr 2002 den "SAFETY Act" ins Leben gerufen. Eine Bestimmung, die sicherstellt, dass in diesem Bereich tätige und registrierte Firmen nach einer etwaigen Terrorattacke vom Staat schadlos gehalten werden. (Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 16.11.2007)