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Imran Khan, Oppositionspolitiker und Ex-Kricketspieler, ließ sich vor der Uni in Lahore feiern. Dann wurde er von rivalisierenden Studenten festgesetzt und der Polizei übergeben.

Foto: Reuters
Die Ex-Premiers Bhutto und Sharif vereint gegen den Staatschef, eine Anklage gegen den Oppositionspolitiker Imran Khan, die USA offenbar bereit, Musharraf fallen zu lassen: In der seit Wochen andauernden Regimekrise in Pakistan überstürzen sich nun die Ereignisse.

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Islamabad - Der Anruf kam aus Lahore, und in der Leitung war Benazir Bhutto. Unter Hausarrest stehend suchte die Chefin von Pakistans größter Oppositionspartei PPP nun den Kontakt zu ihrem Rivalen Nawaz Sharif. Nach langen Zögern will die 54-Jährige jetzt offenbar die zerstrittene Opposition einen und ein Bündnis gegen Militärherrscher Pervez Musharraf schmieden. Damit könnte auch Ex-Premier Sharif ins Spiel zurückkehren.

Bhutto und Sharif, die beide zweimal Regierungschef Pakistans waren, hätten in einem Telefonat vereinbart, ihre Differenzen zu überwinden, um einen "gemeinsamen Kampf" für einen Rücktritt Musharrafs zu führen, bestätigte am Donnerstag der Chef von Sharifs Muslim-Liga, Raja Zafar-ul Haq. Bisher musste Sharif die Krise weitgehend machtlos mitverfolgen - aus dem Zwangsexil in Saudi-Arabien, in das ihn Musharraf verfrachtet hat.

US-Konsul bei Bhutto

Der US-Generalkonsul in Lahore, Brian Hunt, suchte Bhutto in ihrer von der Polizei verbarrikadierten Residenz auf und sprach zwei Stunden mit ihr. Im Anschluss verlangte er erneut die Aufhebung des Ausnahmezustands. Es sei wichtig, dass "Musharraf als Armeechef zurücktritt, der Opposition normales Arbeiten ermöglicht und rechtzeitig Parlamentswahlen abhält", forderte Hunt vor Journalisten.

Da ließ Musharraf bereits durch den Generalstaatsanwalt die Neuigkeit verkünden: "Der Präsident hat gesagt, dass er seine Uniform vor dem 1. Dezember ausziehen will."

Neue Nahrung für Spekulationen

Hunts demonstrativer Besuch bei Bhutto gab Spekulationen nur neue Nahrung, Washington sei bereit, Musharraf - lange Zeit eine Schlüsselfigur im Kampf der USA gegen den internationalen Terrorismus - fallen zu lassen. In der US-Regierung wüchsen Zweifel, ob der pakistanische Machthaber politisch überleben kann, berichtete die New York Times am Donnerstag unter Berufung auf Regierungsbeamte. Daher werde hinter den Kulissen bereits über Pläne für die "Zeit danach" gesprochen, berichtete die Zeitung.

Die US-Regierung sei besorgt, dass der Eindruck entstehen könnte, es würden "im Hinterzimmer Absprachen über die Einsetzung eines neuen Führers in Pakistan getroffen", heißt es in dem Zeitungsbericht. "Sie (die US-Regierung, Anm.) will nicht zu einem neuen Militärputsch ermutigen, aber sie beginnen zu verstehen, dass Musharraf Teil des Problems geworden ist", zitierte die NYT einen ehemaligen Regierungsbeamten mit Einblick in die internen Washingtoner Diskussionen. US-Vizeaußenminister John Negroponte wird am heutigen Freitag mit einer Botschaft in Islamabad erwartet.

Verschärfte Regimekrise

Die Legislaturperiode des Parlaments und die Amtszeit von Musharraf liefen am Donnerstag ab, was die Regimekrise verschärfte und zu den verschiedenen Stellungnahmen in Lahore, Islamabad und Washington führte. Musharraf ließ sich am 6. Oktober wiederwählen. Weil er aber weiterhin seine Doppelfunktion als Armee- und Staatschef behielt, war seine Kandidatur vor dem Verfassungsgericht angefochten worden. Musharraf kam einem Urteil der Richter zuvor, die seine Wahl für ungültig hätten erklären können, und verhängte am 3. November den Ausnahmezustand. Am heutigen Freitag will er eine Übergangsregierung ernennen, möglicherweise unter der Führung des Vorsitzenden des Oberhauses, Mohammadmian Soomro.

Der Oppositionspolitiker und frühere Kricket-Star Imran Khan wird nun des Aufrufs zum Aufstand beschuldigt. Khan war am Mittwoch in Lahore festgenommen worden. (möc, dpa, AFP, red, DER STANDARD, Printausgabe 16.11.2007)