New York/Wien - Vor dem Hintergrund einer neuerlichen Sammelklage gegen den US-Bananenkonzern Chiquita weist das Unternehmen in einer Aussendung vom Freitag "die von den betreffenden Anwälten erhobenen Anschuldigungen zurück". Knapp 400 kolumbianische Familien fordern in New York Schadenersatz in Milliardenhöhe, weil Chiquita die ultrarechten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC) finanziell unterstützte. Damit sei es mitverantwortlich für Folter und Tod.

"Leben schützen"

"Die von Chiquita ergriffenen Maßnahmen erfüllen nur einen einzigen Zweck. Das Leben unserer Angestellten und ihrer Familien zu schützen", rechtfertigte sich der Obstproduzent. Weder Regierung noch Militär seien in den 90er Jahren in der Lage gewesen, die kolumbianische Bevölkerung zu schützen. Hunderte Angriffe "durch links- und rechtsgerichtete Gruppierungen" seien dokumentiert.

Laut Klageschrift wird Schadenersatz für "Terrorismus, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und unrechtmäßigen Tod" gefordert. Die AUC habe Angehörige der Kläger gefoltert und getötet. Bereits im September hatte eine ähnliche Sammelklage vor einem Gericht in Washington (New Jersey) Erfolg. Die Richterin stimmte einer Vereinbarung zu, die das Unternehmen im April mit dem US-Justizministerium getroffen hatte. Darin erklärt sich der Konzern zu einer Geldstrafe von 25 Millionen Dollar (18 Mio. Euro) bereit.

Nach Angaben des US-Justizministerium waren zwischen 1997 und 2004 mehr als 1,7 Millionen Dollar (rund 1,2 Mio. Euro) mit Kenntnis der Firmenzentrale in Cincinnati (US-Bundesstaat Ohio) an die AUC geflossen. Geschäfte mit der AUC, die auf der US-Terrorliste stehen, sind in den USA verboten.

Chiquita verweist auf den freiwilligen Bericht des Sachverhalts an das US-Justizministerium. Dieses habe in einem Bericht auch festgestellt, dass der Anführer der AUC "eine unausgesprochene, jedoch klare Botschaft überbrachte, dass die Nichterfüllung der Zahlungen zu körperlichem oder materiellem Schaden bei der Belegschaft und am Eigentum von Banadex (ehemalige kolumbianische Tochterfirma des US-Konzerns) führen könnte."

Proteste gegen Urteil

In Kolumbien gingen nach dem Urteil von September die Wogen hoch. Damit komme Chiquita billig davon, erregte sich etwa der kolumbianische Innenminister Carlos Holguin, er fühle sich vom Justizsystem der USA getäuscht. Menschenrechtsgruppen verlangten, dass Chiquita alle Geschäfte in Kolumbien untersagt werden sollten.

Die AUC-Milizen galten bis zu ihrer offiziellen Entwaffnung vor vier Jahren als eine der brutalsten Gruppen des Landes. Ihre Mitglieder begangen im Kampf gegen linksorientierte Rebellen Massaker mit Hunderten Toten an der Bevölkerung. Der bewaffnete Konflikt in Kolumbien hält seit vier Jahrzehnten an und ist nach wie vor einer der blutigsten Konflikte in Lateinamerika. (APA)