Wien - In Österreich entwickeln rund 800 Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Brust- oder Prostatakrebs pro Jahr Knochenmetastasen mit schweren chronischen Schmerzen. Die meisten von ihnen bekommen hohe Dosen von Analgetika inklusive Morphine. Viel zu selten wird bei diesen Kranken an eine schmerzlindernde nuklearmedizinische Behandlung gedacht, kritisierten am Freitag Vertreter der Österreichischen Gesellschaft für Nuklearmedizin bei einer Pressekonferenz in Wien.

Die Anwendung von radioaktiv markierten Substanzen (Radioisotopen) ist seit den 1940er Jahren die primäre Methode des "Molecular Imaging", der Beobachtung von Prozessen im Körper auf molekularer Ebene. "Mit der Computertomographie kann man Organstrukturen darstellen. Mit der Magnetresonanz Strukturen und Stoffwechselvorgänge. Mit PET oder SPECT (beides nuklearmedizinische bildgebende Verfahren, Anm.) reicht im Extremfall ein Molekül aus, um es darzustellen. Sie sind zehn Millionen Mal sensitiver als die Magnetresonanz", sagte Thomas Leitha, Vorstand der Abteilung für Nuklearmedizin am Wiener Donauspital. Mittlerweile werden CT- und PET-Untersuchungsergebnisse in Form von "Hybridisierung" auch kombiniert.

Vorteil

Ein Vorteil der nuklearmedizinischen Methoden: Sie sind für Diagnose und Therapie einsetzbar. Eine Anwendung ist hier die Darstellung bzw. die Behandlung von Knochenmetastasen bei Krebs. Alexander Becherer, Vorstand der Abteilung für Nuklearmedizin am Krankenhaus Feldkirch in Vorarlberg: "11,8 Prozent aller Männer erkranken bis zum 75. Lebensjahr an einem Prostatakarzinom. 7,6 Prozent aller Frauen erkranken bis zum 75. Lebensjahr an einem Mammakarzinom. Vier Prozent der Patienten mit einem Prostatakarzinom entwickeln Knochenmetastasen, ebenso zwölf Prozent der Frauen mit einem Mammakarzinom. Das sind pro Jahr insgesamt rund 800 Menschen in Österreich."

Starke Schmerzen

Die Folge dieser Tochtergeschwülste sind oft schwerste chronische Schmerzustände, denen oft nur mit steigenden Dosierungen von Morphinen begegnet werden kann. Diese sind hoch wirksam, haben aber Nebenwirkungen (Übelkeit - zumeist vorübergehend, Schläfrigkeit, Verstopfung). Hier könnte eine schmerzlindernde Behandlung mit strahlendem Samarium ("Quadramet") eine Alternative darstellen. Lässt es das Blutbild zu, erhält der Patient das Radionuklid injiziert. Der Strahleneffekt bekämpft die Schmerzen wirkungsvoll.

Becherer: "Die Ansprechraten betragen zwischen 70 und 95 Prozent. Die Ansprechdauer beträgt rund vier Monate. Man kann die Therapie auch wiederholen. Bei bis zu einem Fünftel der Patienten ist keine zusätzliche Schmerztherapie mehr notwendig." Die Experten rechnen, dass pro Jahr in Österreich mindestens 80 Patientinnen und Patienten diese Therapie bekommen sollten. Doch sie wird offenbar viel zu selten verwendet. In Vorarlberg wurde sie beispielsweise in einem Jahr nur bei einem Kranken benutzt. (APA)