ien – Kaum haben Innen- und Verteidigungsressort die neuen Aufgaben für das Heer im östlichen Grenzland festgelegt, schon müssen die erste Missverständnisse ausgeräumt werden. Denn zum neuen Assistenzeinsatz hatte der Chef des militärischen Führungsstabes, Christian Segur-Cabanac, dem Standard erklärt: „Das Militär wird dabei nicht der Polizei unterstellt sein.“

Doch nun stellt das Innenressort klar: Freilich sei das Militär künftig im Grenzland zur Slowakei und zu Ungarn „fachlich unterstellt“. Sprecher Rudolf Gollia: „Natürlich bringen wir uns nicht bei Fragen ein, ob irgendwo fünf oder zehn Soldaten hingeschickt werden – und ob sie dabei dünne oder dicke Jacken, niedrige oder hohe Schuhe tragen müssen. Aber die Vorgaben, welche Unterstützungen zu erbringen sind, obliegen eindeutig dem Innenministerium.“

Hintergrund des Scharmützels um die Hierarchien: Die Ministerien von Günther Platter (ÖVP) und Norbert Darabos (SPÖ) haben sich auf geänderte Leistungen des Militärs für die Polizei geeinigt, da der alte Assistenzeinsatz mit dem Fall der Schengen-Grenze am 21. Dezember in der gewohnten Form nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Demnächst dürfen die Soldaten verdächtige Eindringlinge weder aufhalten noch kontrollieren. Dafür sollen sie nun das „Hinterland“ observieren – und die Exekutivbeamten bei „sicherheitspolizeilich relevanten Ereignissen“ alarmieren.

Nach dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer erhebt jetzt allerdings auch sein Kollege Theo Öhlinger Kritik am umdefinierten Heereseinsatz: „Dieser ist verfassungsrechtlich noch bedenklicher als früher. Bisher konnte man ihn wenigstens noch mit einer konkreten Gefahr, den drohenden illegalen Grenzübertritten, argumentieren, die von den Polizeiorganen allein nicht bewältigbar ist. Doch eine solche gibt es nun per definitionem nicht mehr.“

Für das Innenressort sind die Soldaten, die bald in neun Grenzbezirken in Niederösterreich und im Burgenland eingesetzt werden, dennoch „in erster Linie“ dafür zuständig, „zu schauen, ob es immer noch illegale Migration gibt“. Gollia: „Gegenüber Verdächtigen haben die Soldaten aber keine Kompetenzen mehr.“ Erst wenn die Polizei Personen „nach fremdenpolizeilichen Bestimmungen“ festnehme, könne das Heer „etwa deren Transport vornehmen“.

Die Sozialistische Jugend forderte Minister Darabos am Freitag auf, den geplanten Heereseinsatz abzubrechen: Dass Rekruten bald im Landesinnern „mit schweren Waffen patrouillieren“, lasse „an Kriegszustände denken“. Der Einsatz eines Heeres-Sturmgewehrs unterliegt dem Waffengebrauchsgesetz der Exekutive, erklärt Gollia. Er betont: „Ein solcher ist streng definiert und kommt auch bei der Polizei sehr selten vor.“ Daher könne er „von keinem Worst Case ausgehen, bei dem ein Soldat von seiner Waffe Gebrauch machen müsste“. (Nina Weißensteiner/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2007)