STANDARD: Mittlerweile hat Österreich so viel CO2 zu viel, wie die gesamte Industrie emittiert. Überspitzt wird bereits gemeint, man müsse die heimische Industrie zusperren. Eine Option?
Bartenstein: Sicher nicht. Damit wäre auch niemandem geholfen. Auch nicht dem Klimaschutz, weil die Produktionskapazitäten woanders hinverlagert würden, wo man es mit Emissionen und Umweltschutz nicht so ernst nimmt – und CO2 hat bekanntlich kein Mascherl.
STANDARD: Aber das Faktum, dass in Österreich nie weniger, sondern immer mehr Treibhausgase emittiert wurden, bleibt. Und es wurden auch noch keine Weichenstellungen vorgenommen.
Bartenstein: Das stimmt nicht. Ökostrom bringt jährlich Einsparungen von drei Millionen Tonnen CO2 im Jahr und nach meiner Novellierungsvorlage für das Ökostromgesetz nochmals drei Millionen Tonnen bis 2015. Und es tut sich einiges, auch auf EU-Ebene. Zum Beispiel wird überlegt, künftig die CO2-Intensität von Importen miteinzuberechnen. Es ist dem Klima völlig egal, ob wir den Strom in Österreich produzieren oder ob er importiert wird. Das wäre auch für andere energieintensive Industrien – etwa Eisen und Stahl – wichtig. Der geplante Ausbau der Voest in Linz belastet ja unsere Klimabilanz erheblich.
STANDARD: Aber an dem 13-Prozent-Ziel sind Sie schuld, heißt es. Sie waren bei den Kioto-Verhandlungen Umweltminister und Sie haben die interne EU-Aufteilung bei den CO2-Sparzielen, dem EU-Burdensharing, verhandelt. Ein Fehler?
Bartenstein: Vor meiner Zeit als Umweltminister wurden in Österreich Regierungs- und Nationalratsbeschlüsse gefasst, die ein Reduktionsziel von 25 Prozent weniger Treibhausgasemissionen vorsahen. Das hat man in Brüssel natürlich gewusst. Man kann mir vorwerfen, dass ich nicht gut verhandelt habe, weil ich von der 25-Prozent-Selbstverpflichtung das 8-Prozent-Ziel (das EU-weite Kioto-Reduktionsziel, Anm.) nicht geschafft habe. Ich finde, das Ziel für Österreich von 25 auf 13 Prozent runter zu verhandeln, war nicht schlecht.
STANDARD: Aber die österreichische Ausgangslage für die Verhandlungen, was ab 2013 gilt, sind dadurch schlecht.
Bartenstein: Das sehe ich nicht so. Es braucht dabei ja den Konsens mit dem jeweiligen Mitgliedsstaat. Und die Diskussion geht in die Richtung, dass das EU-Burdensharing anders gestaltet wird, mit Einbeziehung von Zertifikaten.
STANDARD: Wie stehen Sie zu Technologien wie CO2-Abscheidung und Verbunkerung im Erdreich?
Bartenstein: Das klingt zwar nach Zukunftsmusik, ist aber längst keine Vision mehr. Die Internationale Energieagentur IEA geht davon aus, dass die Welt bis 2030 überwiegend, und zwar zu 84 Prozent, auf fossilen Energieträgern basiert, wobei Kohle gewinnt. Da wird diese Technologie entscheidend sein, um Kohle klimafreundlicher zu gestalten.
STANDARD: Diese "Clean Coal"-Technologien werden kritisch gesehen. In Österreich wissen das nur noch nicht viele.
Bartenstein: Ohne diese Technologien wird es nicht gehen, und wir arbeiten in diese Richtung. OECD-Wissenschafter verweisen darauf, dass die Bürgerakzeptanz für das Vergraben von CO2 nicht viel leichter zu erreichen sei als für Kernkraft, weil konzentriertes CO2 nicht ungefährlich ist. Aber man muss sehen, dass erneuerbare Energieträger noch auf Jahrzehnte nicht die Lösung sein werden. Laut IEA können erneuerbare Energien bis 2030 gerade mal den Rückgang bei Kernkraft ausgleichen.
STANDARD: Wäre es da sinnvoll, ein Wasserkraftwerk Hainburg neu zu diskutieren?