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John Fahey

Foto: APA/ Barrenechea
Madrid - Der frühere australische Finanzminister John Fahey (62) ist am Samstagnachmittag in Madrid auch ohne die Beteiligung der europäischen Regierungsvertreter an der Abstimmung zum neuen Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gewählt worden. Richard Pound, dessen achtjährige Amtsperiode am 31. Dezember 2007 ausläuft, bedauerte das Verhalten der Europäer, stellte aber auch klar, dass es keine Entscheidung gegen Fahey gewesen sei und sich die WADA auch künftig der Unterstützung der Europäer sicher sein kann.

Es ging turbulent zu, zum großen Eklat ist es am Samstag aber nicht gekommen, denn bereits am Donnerstagabend in einem Adhoc-Meeting der europäischen Regierungsvertreter ist der Beschluss gefasst worden, sich aus Protest der Stimme zu enthalten. Europa hat unter den 18 Regierungsvertretern im WADA Foundation Board fünf Stimmen (vier enthielten sich), dazu kommen 18 Delegierte der Olympischen Bewegung, die dem Regierungskandidaten zugestimmt haben. Nicht alle Delegierten waren bei der Wahl anwesend.

Der Versuch, im Meeting des Foundation Boards am Samstag, einen Aufschub der Wahl um sechs Monate zu erreichen, war zwar nicht von Erfolg gekrönt, aber zumindest doch Ausdruck des Unmuts. Nach dem Rückzug des Franzosen Jean-Francois Lamour waren die Europäer ohne Kandidaten dagestanden und hatten um Zeit gebeten, um die Situation zu klären und den notwendigen Konsens zu erreichen. Freitag war überraschend der französische Hürdensprint-Olympiasieger Guy Drut aufgetaucht und hatte sich bereiterklärt, zu kandidieren. Wer ihn dazu ermutigt hat, ist bis heute nicht klar. Pound sprach noch Freitagabend mit Hinweis auf die längst abgelaufenen Nominierungs-Deadline ein Machtwort.

Richard Pound hatte schon vor der Wahl klar gemacht, dass er nicht glaubt, dass die Uneinigkeit unter den Regierungen dem Ansehen der WADA schaden könnte. "Nein, das Gegenteil ist der Fall, es zeigt ja nur, dass viele Länder die Führung übernehmen wollen", sagte der Kanadier. Unbeeindruckt und nicht persönlich angegriffen zeigte sich auch Fahey auf der Pressekonferenz: "Die Europäer sind zu mir gekommen und haben gesagt, dass es keine persönliche Angelegenheit ist. Ich werde mich bald mit ihnen zusammensetzen und über die Zusammenarbeit sprechen." Und: "Wichtig sind nicht Gerüchte oder der neue WADA-Präsident, sondern der verabschiedete Welt-Anti-Doping-Code."

Es sei für ihn eine Ehre, in die Fußstapfen von Pound zu treten. Es sei ihm wichtig, nun im Kampf gegen Doping zu sein und diesen zu gewinnen. Wie sein Führungsstil im Vergleich zu Pound sei, wurde er gefragt: "Jeder ist anders. Ich überlasse das Ihnen, dies nach einer gewissen Zeit zu beurteilen." Pound dazu: "Wie ihr seht, er ist diplomatischer." Der in Wellington (Neuseeland) geborene Fahey wird seinen Wohnsitz in Bowral (Australien) beibehalten ("Aber ich werde dort sein, wo ich sein muss"), der Sitz der WADA bleibt zumindest bis 2021 in Montreal. Zum WADA-Vizepräsidenten wurde der Schwede Arne Ljungqvist gewählt, der sicher dafür sorgen wird, dass die europäischen Interessen gewahrt bleiben.

Fahey, der frühere Finanzminister Australiens, der Berater einer Investmentbank in Sydney ist, ist in der Doping-Causa noch ziemlich unbedarft, etwas Grundwissen hat er sich zuletzt aber angeeignet. Im Sport ist er bewandert, er kämpfte im Bewerbungskomitee für die Olympischen Spiele 2000 in Sydney und ist als ehemaliger Rugbyspieler Schirmherr der Canterbury-Bankstown Bulldogs, der erfolgreichsten Rugbymannschaft des Landes. "Er verdient die Chance, seine Fähigkeiten zu zeigen. Man sollte ihn an seinen Leistungen messen", hatte Jacques Rogge, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), während des Kongresses in Madrid eine Lanze für Fahey gebrochen.

In seinem bisherigen Leben hatte John Joseph Fahey bereits große persönliche Herausforderungen zu überstehen: Der einst starke Raucher wurde von einer Lungenkrebs-Erkrankung geheilt, bei der ihm nur eine 25-prozentige Überlebenschance prognostiziert worden war. Vor einem Jahr verlor der dreifache Familienvater seine damals 27-jährige Tochter bei einem Autounfall. 1994 bewies er Mut, als er eine Attacke auf den britischen Thronfolger Prinz Charles bei der Zeremonie des "Australia Day" in Sydney verhinderte und sich auf einen Mann stürzte, der zwei Schüsse aus einer Starterpistole abgefeuert hatte. (APA)