Während letztere um den Erhalt ihrer Stimmen zittert, peilt ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl die Absolute an.

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Graz - Ein Kurzwahlkampf sollte es werden. Zumindest propagierte das der Grazer Bürgermeister, Siegfried Nagl, (ÖVP) zu Beginn dieses Jahres. Nur einige Tage, so Nagl damals, sollte das offensive Werben um Stimmen dauern. Ein Vorsatz, der illusorisch war, befindet sich die Stadt, die am 20. Jänner ihren neuen Gemeinderat wählt, doch längst in einem "ganz normalen" Wahlkampfalltag.

Unberechenbar

Aber normal ist seit Jänner 2003 eigentlich nichts mehr. Damals wurde nicht nur nach fast 20 Jahren SPÖ-Bürgermeister Alfred Stingl, der sich aus der Politik zurückzog, durch den damals 40-jährigen ÖVP-Finanzstadtrat Nagl ersetzt, sondern die FPÖ flog aus der Stadtregierung, und die KPÖ erreichte mit rund 21 Prozent ein Ergebnis, das den damaligen Spitzenkandidaten, Ernest Kaltenegger, selbst erschreckte. Er hätte durch die Mandatsmehrheit von SPÖ, KPÖ und Grünen in den Bürgermeistersessel gehievt werden können, winkte aber - aus Angst, ein ähnliches Schicksal wie die PDS in Berlin zu erleiden - letztlich ab.

Es dauerte Monate, bis Nagl als Bürgermeister feststand und der aus ÖVP, SPÖ und KPÖ zusammengesetzte Stadtsenat zu arbeiten begann. Dass die KPÖ der große Stimmengewinner der Wahl war, zeigte allen Parteien, dass auch Graz ein unterschätztes Potenzial an Protestwählern hat.

Doch die Großparteien ÖVP und SPÖ setzten mit ihren Spitzenkandidaten auf Altbewährtes: Wieder gehen Siegfried Nagl, der sich statt der 2003 erreichten 36 Prozent die Absolute wünscht, und Walter Ferk, der trotz der mageren 26 Prozent, die er einfuhr, eine weitere Chance seiner Partei erhielt, Bürgermeister zu werden. Die KPÖ hat ihren "Local Hero" Ernest Kaltenegger mittlerweile Richtung Landtag verloren, und die weniger bekannte Wohnungsstadträtin Elke Kahr tritt statt ihm als Spitzenkandidatin an.

Die Grünen schicken die bisherige Gemeinderätin und Finanzreferentin Lisa Rücker in die erste Reihe, während bei der FPÖ mit Susanne Winter ein neues Gesicht, ohne tiefe Verankerung in der Stadtpartei, aber mit Draht nach Wien, um den verlorenen rechten Rand kämpft. Ihr thematischer Hauptgegner ist dabei der mandatlose BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2007)