Ab Montag werden die Nebeneinkommen der SPÖ-Parlamentarier netto im Internet stehen, die Grünen haben sie schon hineingestellt und die ÖVP blockiert noch, wird aber möglicherweise dem Beispiel folgen. Auch im SPÖ-Klub gab es einiges Murren, ein oder zwei werden sich auch weiterhin weigern, aber schließlich folgte die große Mehrheit widerwillig der Linie Gusenbauers.

Es handelt sich um einen Verteilungskampf, in diesem Fall zwischen Vertretern der politischen Klasse und dem Volk als solchen, das immer gern bereit ist, von seinen Vertretern das Schlimmste anzunehmen.

Dass das Volk den Politikern nicht so viel gönnt, ist eine Konstante der österreichischen Politik (und der heimischen Medien, je populistischer, desto intensiver).

Ernster wird es, wenn verschiedene Bevölkerungsgruppen das Gefühl haben, der jeweils andere bekommen einen größeren Anteil vom Kuchen. Wobei sehr viele Menschen diesen Vorgang als Nullsummenspiel begreifen. Der Kuchen bleibt immer gleich groß und man muss eben dem anderen etwas wegnehmen (oder sich dagegen wehren, dass einem selbst etwas weggenommen wird), um über die Runden zu kommen. Dass der Kuchen normalerweise wächst und man durch größere Anstrengung, Einfallsreichtum und manchmal auch durch Glück einen größeren Anteil ergattern kann, ist nicht so eine verbreitete Ansicht.

Jedenfalls zeichnen sich soziale Bruchlinien ab. Die jüngste außertourliche Pensionserhöhung wird von vielen Jüngeren als Raub an ihrer Zukunft empfunden. Tatsächlich kann man sehr wohl argumentieren, dass sehr vielen Klein-und Mindestrentnern die kräftigen Preissteigerungen bei Gütern des täglichen Bedarfs ordentlich zusetzt. Andererseits ist das Pensionssystem immer noch so gestaltet, dass es gelingt, sich über eine "Invaliden"-Pension vorzeitig aus dem Staub zu machen, bzw. ist der geschützte Sektor (Beamte, staatsnahe Betriebe) nicht nur bei den Pensionen im Vorteil.

Wer sich hingegen die Steuerstatistik ansieht, wird an die an sich bekannte, aber noch nicht echt hinterfragte Tatsache erinnert, dass 2,5 Millionen gar keine Steuer zahlen, die mittleren Einkommen aber in eine gewaltige Progressionsschere gekommen sind.

Oder: eine Reihe von Berufen, die eigentlich zur Privatwirtschaft gehören, wird praktisch überwiegend aus Steuergeldern subventioniert. Die Einkommen der Landwirte bestehen zu rund 60 Prozent aus Zuschüssen. Das sei ihnen gegönnt und ihre Rolle als Grundversorger und Landschaftsgärtner ist unbestritten - aber einerseits addieren sich da gewaltige Summen und andererseits zeigt eine nähere Untersuchung, dass eher die Großbetriebe als die kleinstrukturellen Bauern zu den Empfängern gehören.

Das Gefühl, in unserem sozialen und wirtschaftlichen Gefühl sei ein ziemlich Ungleichgewicht entstanden, lässt sich nur schwer abschütteln. Es führt aber (noch ?) nicht zu größeren politischen Verwerfungen. Man lässt die Wut an den Regierenden aus, bzw. an den "Schmarotzern" (in der Volksmeinung hauptsächlich "Ausländer" und "Asylanten"), aber noch herrscht Friede unter den verschiedenen Alters-und Sozialgruppen. Der Kampf jung gegen alt, den die Pensionsregelung auslösen könnte, ist noch nicht zu sehen. Aber die Ungleichgewichte sind da und verlangen nach einer sachlichen Untersuchung. (Hans Rauscher/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2007)