New York - Der "New York Times" zufolge haben die USA mit fast 100 Millionen Dollar Pakistan bei der Sicherung seiner Atomwaffen geholfen. Mit den Mitteln seien in den vergangenen sechs Jahren pakistanische Militärs in den Vereinigten Staaten ausgebildet worden, berichtete die "New York Times" am Sonntag unter Berufung auf amtierende und ehemalige Mitarbeiter der Regierung von US-Präsident George W. Bush.

Demnach finanzierten die USA auch den Bau eines Ausbildungszentrums in Pakistan, das aber noch nicht in Betrieb genommen wurde. Zudem habe die US-Regierung zum Beispiel Hubschrauber, Nachtsichtgeräte und Strahlenmesseinrichtungen geliefert, um die Sprengköpfe des südasiatischen Landes zu bewachen. Die entsprechenden Abschnitte im Haushaltsplan der US-Regierung seien geheim.

NYT verzichtete drei Jahre auf Veröffentlichung

"Alles hat viel länger gedauert, als es sollte", zitierte das Blatt einen früheren Regierungsmitarbeiter. Wegen der derzeitigen Krise in Pakistan werde in Washington nun diskutiert, ob die Bemühungen der US-Regierung ausreichend waren.

Die "New York Times" schrieb weiter, sie habe seit mehr als drei Jahren über Aspekte des geheimen US-Programms gewusst. Auf Bitten der Führung in Washington habe das Blatt jedoch zunächst auf eine Veröffentlichung verzichtet. Entsprechende Artikel hätten der Regierung zufolge die Bemühungen zur Sicherung der Atombomben gefährdet. Vergangene Woche hätten die Mitarbeiter von Präsident Bush aber auf Anfrage ihre Bitte zurückgezogen.

Pakistan hatte 1998 das erste Mal Nuklearsprengköpfe getestet. Sein Arsenal umfasst Experten zufolge 90 Bomben. Staatschef General Pervez Musharraf hat am 03. November den Ausnahmezustand ausgerufen und zahlreiche Oppositionelle verhaften lassen.

USA drängen auf Aufhebung des Ausnahmezustands

Unterdessen haben die USA Musharraf am Sonntag in ungewöhnlich deutlicher Form zur Beendigung des Ausnahmezustands und zur Freilassung der inhaftierten Oppositionellen aufgefordert. "Ein Ausnahmezustand passt nicht zu freien, fairen und glaubwürdigen Wahlen", erklärte der stellvertretende US-Außenminister John Negroponte auf einer Pressekonferenz in der stark gesicherten US-Botschaft in Islamabad. Musharraf ließ aber weiter nicht erkennen, dass er diesem Rat folgen wird. Die Opposition hat gedroht, Wahlen unter dem Ausnahmezustand zu boykottieren.

"Ich habe die Regierung aufgefordert, solche Aktionen zu beenden, den Ausnahmezustand aufzuheben und alle politischen Gefangenen freizulassen", sagte Negroponte, der am Samstag zur Beilegung der politischen Krise in Pakistan rund zwei Stunden mit Musharraf gesprochen hatte. Er hoffe, dass schon bald Schritte erfolgen würden, die Pakistan zurück zur Demokratie führten. "Ich bin mir sicher, dass der Präsident den Meinungsaustausch sehr ernst nimmt", sagte Negroponte. Zuversichtlich habe ihn gestimmt, dass Musharraf versichert habe, dass Wahlen vor dem 9. Jänner stattfinden würden.

Appell

Negroponte appellierte an Musharraf, Gespräche mit den gemäßigten politischen Kräften des Landes aufzunehmen. Dabei sollte auch die liberale Oppositionsführerin Benazir Bhutto einbezogen werden. "Die Aussöhnung der moderaten politischen Kräfte ist sehr wünschenswert und könnte helfen, die Voraussetzungen für erfolgreiche Wahlen zu schaffen", sagte Negroponte. Er unterstrich, dass Washington die "Partnerschaft mit Pakistan unter der Führung von Präsident Musharraf" schätze. Die pakistanische Regierung hatte am Freitag, offenbar um der zu erwartenden Kritik entgegenzutreten, den Hausarrest gegen Bhutto und einen Menschenrechtsexperten wieder aufgehoben. Zwei unabhängige TV-Sender durften wieder auf Sendung gehen.

Musharraf hat die Verhängung des Ausnahmezustands mit der Gefahr gerechtfertigt, dass die Atomwaffen des Landes in falsche Hände geraten könnten. Sollten die für Jänner geplanten Wahlen in einem instabilen Umfeld stattfinden, sei das Atomarsenal gefährdet, sagte er am Wochenende der BBC. Die Atomwaffen könnten nicht in falsche Hände fallen, "wenn wir politisch zurechtkommen", sagte Musharraf in dem Interview am Samstag. "Solange es das Militär gibt, wird den strategischen Anlagen nichts geschehen, wir tragen die Verantwortung und niemand stellt etwas mit ihnen an."

Ausnahmezustand notwendig

Ein Berater Musharrafs betonte am Samstag, der Präsident sei überzeugt, dass der am 3. November verhängte Ausnahmezustand notwendig sei, um einen friedlichen Verlauf der Parlamentswahl zu garantieren. Außenamtssprecher Mohammed Sadiq machte deutlich, dass sich die Regierung weiter nicht auf einen Termin für ein Ende des Ausnahmezustandes festlegen will. An der Position Islamabads habe sich nichts geändert, sagte Sadiq. "Unsere Antwort bleibt, dass der Ausnahmezustand unter extremen Bedingungen verhängt wurde und dass wir von unseren Freunden erwarten, den Ernst der Lage zu verstehen."

Musharraf hatte den Ausnahmezustand auch damit begründet, dass der Kampf gegen islamische Extremisten verstärkt werden müsse. Seine Maßnahmen richteten sich seitdem aber primär gegen die politische Opposition. Mittlerweile bereitet die pakistanische Armee aber einen Großangriff auf islamische Extremisten im Swat-Tal vor. Die Streitkräfte erklärten, es seien 15.000 Soldaten in der Region zusammengezogen worden. Gefechte zwischen Sunniten und Schiiten kosteten im Nordwesten Pakistans mindestens 90 Menschen das Leben. (Reuters/APA)