Bild nicht mehr verfügbar.

Nach den Rentnern kommen nun die Familien dran: Molterer verspricht in der ORF-"Pressestunde" Gratisgeburten und höhere Beihilfen.

Foto: ORF/APA
Nach der Pensionserhöhung beschwichtigt der Finanzminister die jüngere Generation: Für Geburten will Wilhelm Molterer ab 2008 keine Gebühren mehr einheben. In der Debatte um die Politiker-Zusatzgehälter pocht er weiter auf Geheimhaltung: „Das sind private Einkünfte.“

* * *

Wien – Nach dem konservativen Familienbund („die mittleren Generationen müssen für alles aufkommen, wir sind die totalen Loser“) machte am Sonntag auch die Industriellenvereinigung ihrem Ärger über die jüngste Pensionserhöhung Luft: Dass die Seniorenvertreter der rot-schwarzen Regierung vergangene Woche einen Rentenzuschlag von bis zu 2,9 Prozent abgerungen hatten, qualifizierte Industriellen-Generalsekretär Markus Beyrer als „echten Sündenfall“. Aus Sicht der Industrie hätten Einmalzahlungen ausgereicht, weil diese nicht langfristig und nachhaltig wirksam seien, wetterte er.

Dazu heizte Beyrer den Generationenkonflikt neu an. „Wer muss das alles ausbaden?“, fragte er – und gab sich gleich selbst die Antwort: „Wohl die junge Generation.“

Molterer verteidigt Pensionserhöhung

ÖVP-Obmann und Vizekanzler Wilhelm Molterer verteidigte als Gast in der ORF-„Pressestunde“ prompt die Zuschläge für die Rentner, die er als Finanzminister gewährt hatte. Die Pensionserhöhung sei möglich gewesen, weil Österreich derzeit wirtschaftlich „exzellent“ dastehe, beschwichtigte er, und außerdem sei dies „keine Dauervorgangsweise“.

Dazu betonte Molterer, dass das gesetzliche Pensionsantrittsalter von 65 Jahren in dieser Legislaturperiode nicht verändert werde. Dafür regte der schwarze Finanzminister in Richtung seines roten Regierungskollegen Erwin Buchinger an, die Invaliditätspensionen genauer zu überprüfen. Denn einerseits würden in Österreich die Arbeitsunfälle abnehmen, andererseits die Anträge auf Invaliditätsrenten steigen. Der Finanzminister hegt den Verdacht, dass da mitunter „durch eine Hintertür“ Frühpensionierungen gewährt werden.

Geringeres Defizit

Für heuer erwartet er ein Defizit von weniger als 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts und zwei Milliarden mehr an Steuereinnahmen. Deswegen kündigte Molterer Entlastungen für die „Leistungsträger“ an, die „den höchsten Steuersatz“ hätten. Näher ins Detail ging Molterer vor allem bei seinen geplanten Vergünstigungen für Familien, „die ja auch Leistungsträger“ seien: So will er bereits ab 2008 sämtliche Gebühren abschaffen, die bei der Geburt eines Kindes anfallen und derzeit in Summe 131 Euro ausmachen. Mehrkindfamilien sollen höhere Familienbeihilfen erhalten. Dazu pries Molterer einmal mehr das schwarze Steuermodell, das ein Familiensplitting vorsieht, mit dem das Familieneinkommen fiktiv auf jeden Kopf aufgeteilt wird – das Ergebnis wären sehr niedrige Steuersätze für kinderreiche Familien.

In der Debatte um die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Parlamentariern blieb Molterer weiter strikt auf Parteilinie: „Öffentliche Gelder sind öffentlich zu machen, private Einkünfte sind auch bei Politikern private Einkünfte.“

"Art" der Nebenjobs

Zumindest das Publikmachen „der Art“ der Nebenjobs sagte Molterer zu. Ab dieser Woche werden sämtliche Zusatzeinkünfte der Abgeordneten im Internet abrufbar sein, nicht jedoch deren Höhe: „Im Gegensatz zu manchen in der SPÖ will ich nicht den gläsernen Bürger, man muss auch den Datenschutz beachten.“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina kritisierte daraufhin die „Heimlichtuerei“ der ÖVP, die grüne Vizechefin Eva Glawischnig wiederum warf Molterer „skandalöse Verschleierung von Politikereinkommen“ vor. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dagegen schoss sich auf „die mickrige Pensionserhöhung“ ein, und BZÖ-Obmann Peter Westenthaler nannte die Zuschläge eine „reine Lügenpropaganda“. (nw, APA, DER STANDARD, Printausgabe 19.11.2007)