Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Nicht nur Kindermund, auch der Volksmund tut Wahrheit kund. Knapper lässt sich die Begründung, warum Einkünfte von Abgeordneten offengelegt werden müssen, nicht fassen. Denn Abgeordnete entscheiden über Gesetze und damit auch über Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen oder Organisationen. Wenn sie finanzielle Leistungen oder Zusatzpensionen von Institutionen erhalten, ist davon auszugehen, dass eine Gegenleistung dafür erfolgt.

Es ist eine für die Demokratie entscheidende Frage, von wem dieses Zubrot kommt. Wie dies gemacht werden kann, dafür gibt es praktikable Beispiele jenseits der österreichischen Grenzen: In Deutschland war die VW-Affäre der Auslöser. Als im Zuge des „Lust- und Bestechungsskandals“ bekannt wurde, dass auch Abgeordnete auf Gehaltslisten von Firmen stehen, wurde in Berlin ein neuer Kodex erstellt. Jeder Abgeordnete muss seit Juli seinen Nebenverdienst veröffentlichen. Die Angaben erfolgen nicht auf den Cent genau, sondern in Bandbreiten ab 1000 Euro.

Erklärung über die "finanziellen Interessen"

Auch die Erklärung über „die finanziellen Interessen“, die EU-Abgeordnete jedes Jahr im Internet veröffentlichen müssen, funktioniert: Es sind alle beruflichen Tätigkeiten aufzuzählen und getrennt davon noch einmal die Tätigkeiten, die gegen Entgelt ausgeübt werden. Nicht verpflichtend ist allerdings die Angabe der Höhe des zusätzlichen Einkommens. Darüber hinaus müssen die Abgeordneten auch noch offenlegen, wer sie materiell, finanziell oder personell bei ihrer politischen Tätigkeit unterstützt.

Bei beiden Modellen wird die Balance gewahrt, weil nicht die exakte Offenlegung, wer etwa für welchen Vortrag bei welcher Firma wie viel erhält, verlangt wird. Aber von wem das Geld fließt, ist nachvollziehbar. Freiwillige Angaben, wie sie die SPÖ nun plant, reichen auf keinen Fall aus.

Transparenz ist nicht nur bei den Abgeordneten, sondern noch viel mehr bei den Parteien notwendig. Wie die Untersuchungsausschüsse zum Thema Eurofighter und Banken vor der Sommerpause gezeigt haben, besteht der mehrfach begründete Verdacht, dass beträchtliche Gelder von Firmen oder Institutionen an Parteien geflossen sind. Die Konsequenzen blieben aber aus.

Beschämend

Es ist beschämend, dass in Österreich bisher nicht einmal die Forderungen des Europarates umgesetzt werden. Zwar müssen die Parteien einmal jährlich in der Wiener Zeitung einen „Rechenschaftsbericht“ veröffentlichen, allerdings enthält dieser nicht alle vom Europarat geforderten Angaben etwa zu den Wahlkampfkosten oder den Namen der Großspender.

Die Offenlegung von Parteispenden ist überhaupt nicht vorgesehen. Wer mehr als 7260 Euro (der Betrag ist seit 1984 unverändert) an eine Bundespartei spendet, erfährt nur der Rechnungshof-Präsident, der aber weder Auskunft darüber geben noch Angaben überprüfen darf. Zuwendungen von Interessenvertretungen wie der Industriellenvereinigung oder dem Gewerkschaftsbund sind erst gar nicht zu melden. Spenden, die über Teil- oder Vorfeldorganisationen oder über die Landespartei fließen, werden ebenfalls nicht erwähnt. Außerdem gibt es keine wirksamen Sanktionen, weil lediglich die verspätete Einreichung der Listen, nicht aber unrichtige Angaben bestraft werden können.

Ad absurdum geführt

Damit wird das ganze Verfahren ad absurdum geführt, weil es weder Transparenz noch Kontrolle gibt. Auch Abgeordnete werden als wandelnde Spesentöpfe ihrer Parteien betrachtet, weil sie von ihren Bezügen noch Klubabgaben, Parteisteuern und all die kleinen Spenden und Wirtshausrunden zahlen müssen, die halt notwendig sind, um überhaupt in eine solche politische Funktion zu kommen oder dort zu bleiben – anderswo würde man Schutzgeld dazu sagen.

Diesen Zustand, dass alles unter der Decke bleibt, verteidigen die Parteien aus Eigennutz. Bestätigt fühlen kann sich der Volksmund: Ein bisschen etwas geht immer – in Österreich. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe 19.11.2007)