Bad Leonfelden – "Pfarre Bad Leonfelden". Nachdem der Anrufer kurz erwogen hat, einfach wieder aufzulegen, meint er leicht verwirrt. "Entschuldigung Sie, ich habe mich wohl verwählt, ich wollte eigentlich ..." Bevor er noch weiterreden kann, fällt ihm der Pfarrer ins Wort. "Nein, Sie haben schon richtig gewählt." Spätestens jetzt ist der Anrufer vollends irritiert, was den Pfarrer hingegen nicht aus der Ruhe bringt. Er gibt das Kinoprogramm mit den Beginnzeiten durch und erklärt noch, wo sich das Kino befindet. Direkt hinter der Kirche, im Vereinshaus, das der Pfarre gehört.

Kein "Pfarrkino"

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs besitzt die Kirche dieses Kino und seit rund 40 Jahren kümmert sich Johann Haider um den Spielbetrieb. "Aus Liebe zum Film", wie der heute 60-Jährige meint. Denn die 14 Euro pro Vorstellung sind lediglich eine Anerkennung für den Filmvorführer des Bad Leonfeldener "Pfarrkinos". Das Wort Pfarrkino hört Haider jedoch gar nicht gern, aus Skepsis seien ihm schon viele Besucher ausgeblieben. Warum die Pfarre überhaupt das Kino besitze, "kann ich auch nicht sagen, das habe ich in all den Jahren nicht wirklich herausgefunden". Es gebe aber Vermutungen. Nach dem Krieg wollten die Ex-Nazis "bei uns im Ort eine Kinokonzession" erhalten. "Bauern und Bürger haben das verhindert. Sie fragten beim damaligen Dechant an, ob er nicht im Vereinshaus ein Kino einrichten könnte." Ein neugegründeter Lichtspielverein erhielt die Lizenz.

Und das Geschäft ging gut mit den Heimatfilmen, erzählt Haider. Doch mit dem Fernsehen waren die goldenen Kinojahre vorbei, der Verein löste sich auf. Wieder sei es der "weltoffene Dekan" gewesen, der verhinderte, dass Unerwünschtes in die Mühlviertler Gemeinde kam. Kursierten doch Gerüchte, wonach ein Privater mit Sexfilmen ein Geschäft mache wollte. Also übernahm die Pfarre auch die Kinokonzession, und Haider wurde nebenberuflicher Filmvorführer. Die einzige Vorgabe, die er von der Kirche erhielt: keine Sexfilme. Den höchst umstrittenen und recht blutrünstigen Streifen "Die Passion Christi" durfte er zeigen. Selbst "Luther" konnte im Kino der katholischen Pfarre gespielt werden.

172 Sitzplätze umfasst der einzige Kinosaal. Mit Digital-Sound kann die Tontechnik nicht aufwarten. "Das ist ein Problem, die Actionfilme gehen deshalb nicht bei uns, die sehen die Jugendlichen lieber in den großen Centern."

Renner "Ice Age"

Aber dennoch, das Kino trage sich, betont Haider. "Mit dem Ertrag, den ich der Kirche überweise, werden die Ministranten bezahlt", sagt er nicht ohne Stolz. Kassenschlager wie "Ice Age" oder einst "Dirty-Dancing" (1000 Besucher in drei Tagen) aber auch "Mühlviertler Hasenjagd" des Welser Regisseurs Andreas Gruber sorgen für ausverkaufte Vorstellungen.

"Ich brauche die kommerziellen Filme, um mein Wunschprogramm, den österreichischen Kunstfilm, zu finanzieren", sagt Haider. Gespielt wird in Bad Leonfelden nämlich auch, wenn nur zwei Besucher ins Pfarrvereinsheim kommen. (Kerstin Scheller/DER STANDARD – Printausgabe, 19.11.2007)