Wenn Peter Pfannl (rechts) ruft, kommt auch Österreichs Marathonrekordler Gerhard Hartmann gerne aus Reutte in den vorwinterlichen Prater.

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Wien - Susanne Pumper kommt gerade von den Malediven, Gerhard Hartmann ist aus Reutte angereist, und kurz vor dem Startschuss kommt auch der ehemalige Berglauf-Weltcupsieger Helmut Schmuck zur Startlinie getrabt. Es ist der 501. Lauf, den der Lauf- und Conditions Club Wien, kurz LCC, an diesem Sonntagvormittag im Prater mit Start und Ziel auf Höhe des Stadionbad-Parkplatzes veranstaltet. Seit jeher schon auf derselben Strecke: Hauptallee, Lusthausstraße, Stadionallee, Hauptallee Richtung Praterstern und zurück, sieben Kilometer. Schmuck und Hartmann werden heute nur eine Runde laufen, Pumper jedoch den Halbmarathon. Erst am 28. Oktober hat sie hier in 1:13:20 Stunden neuen österreichischen Rekord über die halbe Marathonstrecke aufgestellt, beim 500. Lauf des LCC. Heute läuft sie nur locker, meint aber trotz des für sie beschaulichen Tempos, dass es beim Rekordlauf leichter gegangen sei - womit auch ein Stück von dem Geheimnis anschaulich wird, das eben "in Form sein" heißt.

Das Geheimnis des LCC hingegen ist, dass bei einem Lauf wie diesem nicht nur der Marathonrekordler Hartmann, der Bergläufer Schmuck oder eben Susanne Pumper am Start sind, sondern noch gut 250 andere. Dabei hat es beim Weglaufen um 10 Uhr gerade einmal zwei Grad, der Himmel ist grau, und in der Luft liegt Schneefeuchte. Zwar ist bis kurz vor dem Startschuss neben der Startlinie noch halblaute Musik im Wagen der Veranstalter zu hören, daran dass es sich bei den Läufen des LCC aber um alles andere als um jene aufgeblasenen Events handelt, mit denen andere Veranstalter und ihre Sponsoren gute Geschäfte machen, ändert das jedoch nichts.

Läuferalltag

Der 501. LCC-Lauf lebt stattdessen von einem ruhigen, selbstverständlichen Purismus, gehört einfach zum Läuferalltag, wie auch die 500 Läufe davor, und ist vom Wellness-Getöse und den Hochglanzfassaden der neuesten Fitness-Trends nicht zu beeindrucken. Warum dem so ist, wird vor allem in der Begegnung mit dem Präsidenten des Clubs klar. Denn "rührig", wie man so schnell jemanden bezeichnet, der derart viel Arbeit und Herz in ein solches Unterfangen steckt, "rührig", das wäre als Beschreibung des Notars Dr. Peter Pfannl kläglich kurz gegriffen. Genau so, wie auch kaum eine andere Beschreibung auf ihn zutreffen würde, die sonst bestimmt jeden anderen Sportfunktionär dieses Landes mehr oder weniger treffend zeichnete.

Stattdessen ist es bei Pfannl eine leichte und doch unbeirrbare Ausdauer, die jene Wenigen besitzen, denen es beim Laufen um mehr als die eigene Fitness, irgendwelche viel zu ehrgeizigen persönlichen Rekordziele oder jenes bloße Abschalten geht, das dann so viele ihre Trainingsläufe nur mehr mit unbewegt leerem Gesicht abspulen lässt.

Und so sind es, wenn Pfannl von seinen ersten Laufjahren in den 70ern erzählt, vor allem die gesehenen, die erlebten Landschaften: Geschichten von Routen durch das Wald- oder Weinviertel genauso wie über hohe Südtiroler Pässe. Ausgerüstet mit Stirnlampe, Beckentasche samt Wechselgewand und robusten finnischen Laufschuhen. Damals, als ein Läufer von Spaziergängern, Wanderern und Autofahrern meist unausgesprochen für verrückt erklärt worden ist, manchmal aber auch ganz ausgesprochen.

Grubers Erbe

Und "verrückt", das ist - bei allem Respekt für den querköpfigen Vereinsgründer des LCC und 20fachen Marathonstaatsmeister Dolfi Gruber - in gewisser Weise auch das Stichwort für die Tatsache, dass es gerade diesem Wiener Original gelungen ist, "seinen" Verein so auf die Übergabe vorzubereiten, dass er nach dem Tod Grubers 1994 nicht nur weiterbestand, sondern von dessen langjährigem Kompagnon Pfannl zum größten Österreichs gemacht wurde. Vermutlich allein deshalb, da der alte Streiter Gruber von Beginn an nur zu gut wusste, wie notwendig gerade er einen Notar als Schriftführer brauchte. (DER STANDARD Printausgabe 19.11.2007)