Form der Kommunikation
Kornelius und sein Zwillingsbruder Konstantin sind Autisten, haben über das "Gestützte Schreiben", eine besondere Therapieform, ihre Form der Kommunikation gefunden. In einem mühsamen, jahrelangen Prozess, unterstützt von ihrer Mutter, die im Umgang mit den Söhnen fast grenzenlose Geduld zeigte und im Umgang mit Schulbehörden jene Hartnäckigkeit, die den beiden die Regelschule ermöglichte.
Die Entwicklungsgeschichte
Nachzulesen ist die Entwicklungsgeschichte im Buch "Zu niemandem ein Wort". Die Keulen-Brüder sind heute Philosophie-Studenten in Potsdam, versuchen, sich ihrer Umwelt schreibend zu erklären: "Ist es doch schwer zu verstehen, warum wir nicht mitschreiben und nicht reden und auch sonst etwas sonderbar erscheinen. Erteilen wir doch keine Absage, wenn wir nicht antworten, wenn uns jemand anspricht." Denn: "Wir sind nur nicht in der Lage, sofort richtig zu reagieren. Trotzdem verstehen wir alles und freuen uns über Gespräche." Der Bildungsweg der beiden jungen Männer ist ein Ausnahmefall. Die meisten Autisten sind schwer beeinträchtigt, unterdurchschnittlich intelligent, viele leiden unter Verhaltensstörungen oder körperlichen Begleiterscheinungen wie Epilepsie.
Schreibende Autisten wie Konstantin und Kornelius Keulen oder Birger Sellin ("Ich will kein Inmich mehr sein") sind für die Heilpädagogin Therese Zöttl, pädagogische Leiterin der Wiener tagestherapeutischen Einrichtung Rainman's Home, "sehr, sehr wichtige Vermittler, die es uns möglich machen, in die Gedanken- und Gefühlswelt der Autisten zu blicken".
Kontakt aufnehmen
Denn Menschen mit autistischen Störungen haben zwar eine ganz eigene Art der Wahrnehmung, suchen aber einen Zugang zur Umwelt. "Autisten nehmen Kontakt auf, aber oft auf inadäquate Art und Weise", sagt Therese Zöttl und nennt als Beispiel ein Kind, das jemanden beschnuppert.
Zöttl: "Das Gegenüber muss nun erkennen, dass dieses Kind neugierig ist, das Beschnuppern ein Kontaktangebot ist." Doch wie reagiert jemand, der keine Ahnung von Autismus hat? Meist ebenfalls inadäquat. Mit Schimpfen über das "unerzogene Kind", mit Unverständnis. Zöttl: "Es wird sehr schnell geurteilt und verurteilt." Autisten verlangen ihrem Umfeld viel ab: Toleranz, Geduld, Zeit. Zöttl: "Man muss einen Perspektivenwechsel vollziehen." Die sogenannten Normalen sollten tun, was autistischen Menschen so schwerfällt: "Sich in den anderen hineinfühlen."
Therapeutische Behandlung
Wenn die Sprache fehlt, braucht man andere Kommunikationsformen. Die therapeutische Arbeit mit autistischen Menschen ist zeitaufwändig, bedarf gut geschulter Fachkräfte und der interdisziplinären Zusammenarbeit von Medizin, Psychologie und Pädagogik. Ziel ist die Integration. Für Pädagogen - egal in welcher Schulform - sei, so Zöttl, die Arbeit mit Autisten der "höchste Grad der Anforderung". Ein hohes Maß an strukturiertem Arbeiten sei gefordert, "man muss sehr gut individualisieren und differenzieren".