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Streik in Frankreich richtet sich gegen die von Präsident Nicolas Sarkozy geplante Abschaffung der Rentensonderregelungen in Staatsbetrieben.

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Die Streiks kosten der Volkswirtschaft ein Vermögen.

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In Paris fuhr nur eine von vier Métros, einige Vorortzüge fielen ganz aus.

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Paris - Die Streiks in Frankreich haben sich am Dienstag massiv ausgeweitet. Aus Protest gegen die Reformen von Staatspräsident Nicolas Sarkozy legten auch ein Großteil der Lehrer, des Krankenhauspersonals sowie Mitarbeiter von Post, Telekom und Air France ihre Arbeit nieder. Eisenbahner und Beschäftigte der Pariser Verkehrsbetriebe RATP setzten ihren Ausstand den siebenten Tag in Folge fort.

Massenkundgebung in Paris

Acht Gewerkschaften hatten die über fünf Millionen französischen Beamten zu einer 24-stündigen Arbeitsniederlegung aufgefordert. Wie die Regierung in Paris mitteilte, streikten am Dienstag gut 30 Prozent der 2,5 Millionen Staatsbediensteten, die Ministerien direkt unterstellt sind. Wie viele der 2,5 Millionen weiteren Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, die Kommunen und öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern unterstehen, dem Aufruf folgten, war zunächst nicht bekannt. Von mehr als einer Million streikender Beamter wurde aber ausgegangen. Am Nachmittag sollte der Protest in einer Massenkundgebung in Paris gipfeln.

Die Beamten streiken gegen den geplanten Abbau von rund 23.000 Stellen im öffentlichen Dienst im kommenden Jahr und wollen mehr Gehalt. Für Sarkozy sind die landesweiten Proteste die härteste Machtprobe seit seinem Amtsantritt vor sechs Monaten. Während die Bevölkerung die Abschaffung der Sonderpensionen der Eisenbahner mehrheitlich unterstützt, hat sie Verständnis für die Forderungen der Beamten nach mehr Kaufkraft. Entgegen den Wahlkampfversprechen Sarkozys haben die Franzosen - insbesondere wegen des steigenden Ölpreises - derzeit nicht mehr, sondern weniger Geld im Portemonnaie.

Die Regierung will auf jeden Fall verhindern, dass sich die einzelnen Protestbewegungen zusammenschließen. Einen etwaigen Zusammenschluss hatten die Bahngewerkschaften am Dienstag noch kontrovers diskutiert. Allerdings stieg die Beteiligung an dem Bahnstreik erstmals seit Beginn vor einer Woche wieder leicht an. 27 Prozent der Beschäftigten bei der Staatsbahn SNCF legten die Arbeit nieder, wie das Unternehmen mitteilte.

300 Kilometer Stau

In Paris fuhr darum nur eine von vier Métros, einige Vorortzüge fielen ganz aus. Um die Hauptstadt bildeten sich wieder 300 Kilometer Stau. Auch die Hälfte aller Regional- und Fernzüge blieb im Depot. Die Stimmung der Pendler wird nach Angaben der RATP immer aggressiver, in Paris wurden 800 Polizisten eingesetzt, um Rangeleien vor den überfüllten Zügen zu verhindern.

Neben den erheblichen Störungen in Lehrbetrieb und Bahnverkehr kam es auch an den Pariser Flughäfen zu Verspätungen und Flugausfällen, weil Fluglotsen und Bodenpersonal nicht zur Arbeit erschienen. Wirtschaftsministerin Christine Lagarde bezifferte die Kosten der Streiks auf 300 bis 400 Millionen Euro pro Tag. Dennoch zeigte sich Sarkozy in der Frage der Pensionsprivilegien der Bahn-Beschäftigten weiter unnachgiebig. Die für Mittwoch zugesagten Verhandlungen bei Bahn und RATP könnten erst beginnen, wenn es Schritte zum Ende der Blockade gebe, sagte Sarkozys Sprecher Laurent Wauquiez dem Sender RTL.

Landesweit machten Tausende Menschen ihrem Unmut über Sarkozys Reformpolitik Luft. In Frankreichs zweitgrößter Stadt Marseille trugen einige Demonstranten Schilder, die auf eine 140-prozentige Gehaltserhöhung für Staatschef Sarkozy verwiesen, die jüngst beschlossen wurde. Gewerkschaften sprachen von 60.000 Demonstranten, die Polizei von 12.000. Auch in Grenoble und Le Havre demonstrierten bis zu 15.000 Menschen. Im nordfranzösischen Caen waren es je nach Quelle 10.000 beziehungsweise 20.000. Am Donnerstag droht eine weitere Ausweitung der Proteste: Dann wollen Studenten und Oberschüler in einem nationalen Aktionstag gegen die Hochschulreform protestieren, die mehr Autonomie und eine Öffnung der Universitäten für die Wirtschaft vorsieht. Am 29. November will auch das Gerichtspersonal streiken. (APA/AP/AFP)